Yemen Café

8. April 2017, 21:58

Im Jemen arbeitet der aus Wien stammende Chirurg Jonathan Schmidt. Dort wird der Single von früheren Liebesgeschichten eingeholt, die nie ganz zu Ende waren. Da ist einmal die alte Studienkollegin Vera, mit der er nur einmal ganz spontan geschlafen hat, aber nie ganz sicher war, ob er nicht der Vater ihres Kindes ist. Jetzt ist Vera perfekt in der Gattinnen-Rolle und kommt an der Seite ihres Mannes Robert, der auch noch ein Vorgesetzter von Jonathan ist, in die jemenitische Hauptstadt Sana'a.

Die große prägende Liebe Jonathans ist allerdings die Französin Delphine, mit der er in Afrika zusammengearbeitet hat. Damit es noch komplizierter wird, verliebt sich Jonathan in Sana'a auch noch in Susanna, die Frau seines neuen Kollegen Christian Malte.

Grandios und einmalig werden diese Liebesgeschichten gerade dadurch, dass der Jemen eben nicht nur Kulisse ist. Das ganze Leben von Jonathan und der Ausländer-Community seines Spitals ist geprägt vom Leben in Diktatur und Korruption, von Eingeschlossen-Sein in der Hauptstadt Sana'a, in der immer wieder Anschläge verübt werden; sie zu verlassen ist aufgrund des Bürgerkrieges unmöglich.

Dieser Roman steht mitten in der politischen Aktualität, er hat etwas zu sagen zum Thema Flüchtlinge (obwohl diese nicht vorkommen), zur Diskrepanz zwischen islamischen und europäischen Gesellschaften, zu Entwicklungszusammenarbeit und der Rolle der Medizin. Der Roman verliert nie an Spannung, die 24 Kapitel setzen gekonnte Schnitte. Durch das souveräne Einschmelzen vieler Recherchen, durch die Verbindung der persönlichen mit der politischen Ebene, vor allem aber durch seine Sprache ist "Yemen Café" große Literatur und ein Höhepunkt deutschsprachigen Erzählens in den letzten Jahren.