Gedanken für den Tag

3. Dezember 2015, 06:56

"Weißt du, welche Rolle ich heuer beim Krippenspiel will?", fragt Hanna mich, kaum dass sie zur Tür hereingekommen ist. "Die Maria", versuche ich eine Antwort. "Nein, doch nicht die Maria", entrüstet sie sich, "den Josef natürlich. Und weißt du auch warum? Weil der den meisten Text hat".

Über die Jahre hat sich meine Enkeltochter hinaufgearbeitet. Vom Schaf über den Engel und zwei Hirten zu Josef, dem scheinbar heuer die Hauptrolle übertragen wurde. In der Bibel ist seine Bestimmung etwas unklarer. Er ist der Verlobte der Maria. Und nachdem ihm der Engel ins Gewissen geredet hat, sucht er nicht, wie es ursprünglich sein Plan war, das Weite. Sondern er steht doch noch zu seiner zukünftigen Frau und ihrer seltsamen Schwangerschaft. Er ist ein Mann, der sich bereit erklärt, Vater eines Kindes zu werden, das er scheinbar nicht gezeugt hat. Maria und er und das Kind: eine Patchworkfamilie also. Und damit ganz nah an der Realität vieler Familien heute. Eine heilige Familie, die so weit weg ist von der idealisierten Vater-Mutter-Kind-Idylle unserer Tage, wie man sichs nur vorstellen kann.

Mir tut es gut, wenn ich mir die Geschichten von der Geburt Jesu so wie sie im Neuen Testament erzählt werden, immer mal wieder vergegenwärtige. Alle die schrägen Gestalten, die darin vorkommen, all die unklaren Verhältnisse, die Sorgen, die Heimatlosigkeit, das Leid, die Armut, die Gefahr. Eine Realität, die ich nur zu gut kenne. Die Hoffnung, die in den Krippenspielen landauf landab thematisiert wird, ist, dass am Ende daraus doch noch Heil entsteht. Dass sich der Himmel öffnet, selbst dort, wo meine Fantasie sich nichts Gutes mehr vorstellen kann.

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Sendereihe

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Gestaltung

• Alexandra Mantler