Im Gespräch
"Dass Missbrauch stattgefunden hat, steht außer Zweifel."
Michael Kerbler spricht mit Barbara Helige, Richterin, Vorsitzende der "Kommission Wilhelminenberg" und Hans Weiss, Sachbuchautor
20. September 2012, 21:00
Physische und psychische Gewalt waren in Wiener Kinderheimen zwischen 1950 und 1970 an der Tagesordnung. Die Befragung von Heimkindern hat das Bild einer "lieblosen, menschenverachtenden und gewaltsamen Erziehung" ergeben. Die berichteten Übergriffe seitens des Personals im gemeindeeigenen Kinderheim "Wilhelminenberg" waren so schwerwiegend, dass im Oktober 2011 eine eigene Kommission unter Leitung der ehemaligen Präsidentin der Österreichischen Richtervereinigung, Dr. Barbara Helige, eingesetzt wurde. Es gelte zu schauen, was passiert sei, betonte Helige damals. Als Fragestellungen nannte sie zum Beispiel: "Hat es Kontrollen gegeben? Haben die Leute weggeschaut? Wer hat wann was gemacht? Wie hat die Politik reagiert?" Es dürfe überhaupt nichts tabu sein, betonte Helige: "Wir wollen der Sache auf den Grund gehen und wir wollen die Verantwortlichen finden."
Dem Kindesmissbrauch in österreichischen Heimen auf den Grund gegangen ist in den zurückliegenden Monaten auch der Sachbuchautor Hans Weiss. Bis Mitte der 1980er Jahre waren - so Weiss - viele Heime wie Gefängnisse organisiert, in denen Kinder geschlagen und gefoltert wurden. Wer sich wehrte, kam in die Kinderpsychiatrie. Hans Weiss hat konkrete Berichte und Fälle zusammengetragen und eine beklemmende Reportage verfasst. Michael Kerbler spricht mit Dr. Barbara Helige und Dr. Hans Weiss über den "Tatort Kinderheim".
Service
Hans Weiss, "Tatort Kinderheim: Ein Untersuchungsbericht", Sachbuch, Deuticke Verlag, Wien,
Untersuchungskommission Wilhelminenberg - Kommission Wilhelminenberg
Hanser Literaturverlage - Tatort Kinderheim/Hans Weiss