Ein Weltbild wird verändert

Die Geschichte der Evolution

Mit Isaac Newton könne sich Charles Darwin von nun an unterhalten, meinte sein Sohn, als der Begründer der Evolutionstheorie am 26. April 1882 in der Westminster-Abbey neben dem Physiker beigesetzt wurde. Zu besprechen hätten die beiden wohl einiges.

Nachdem die Physik der Menschheit die erste empfindliche große Kränkung beibrachte, indem sie die Erde aus dem Mittelpunkt des Universums drängte, fügte ihr Charles Darwin die zweite zu, indem er den Menschen von seinem als gottgegeben erachteten Platz als Krone der Schöpfung verbannte.

Downe - eine kleine Gemeinde, südöstlich von London

Darwin starb am 19. April 1882. Schon Jahrzehnte früher hatte er mit der Religion gebrochen und wollte eigentlich auf dem kleinen Friedhof seiner Heimatgemeinde Downe, südöstlich von London, begraben werden. Dorthin war er mit Frau und Kindern gezogen um in Ruhe an jenen Schriften zu arbeiten, die das Bild des Menschen von sich selbst für immer grundlegend verändern sollten.

Rund vierzig Jahre hatte sich Darwin kaum von seinem Landdomizil weg bewegt. Den Großteil des Materials, das er zur Entwicklung seiner Theorie brauchte, hatte er zu diesem Zeitpunkt schon gesammelt.

Eine prägende Weltumsegelung

1831 war der begüterte Sohn eines Arztes an Bord der H. M. S. Beagle zur Weltumseglung aufgebrochen: 22 Jahre alt, ein paar wenig inspirierte Studientrimester in Cambridge hinter sich, noch ungerichtet neugierig und abenteuerlustig. Als er fünf Jahre später nach England zurückkehrte, hatte er von Brasilien über Argentinien, die Falklandinseln, Chile, Peru, die Galapagosinseln, Tahiti, Australien und Südafrika nicht nur die halbe Welt gesehen, sondern auf Tausenden Tagebuchseiten auch all jene Beobachtungen notiert, die ihn den Rest seines Lebens beschäftigen sollten.

Die Galapagosinseln und Feuerland

Speziell die ungastlichen Galapagosinseln erwiesen sich als besonders anregend. Die dort heimischen Finken hatten so auffallend verschiedene Schnabelformen, dass sich schon dem jungen Darwin die Frage aufdrängte, welche Gesetze hinter deren Entwicklung standen. Zuvor hatte er unter anderem an der Küste Patagoniens Dinosaurierknochen gefunden und die Ureinwohner Feuerlands gesehen.

Vor allem der Kontakt mit den Menschen dort, "… ausnahmslos das merkwürdigste und interessanteste Schauspiel, dessen ich je ansichtig wurde", sollte entscheidenden Einfluss auf sein späteres Werk "Die Abstammung des Menschen" haben, mit dem Darwin den Menschen endgültig in eine Entwicklungslinie mit den Affen stellte. Als das Buch 1871 erschien, war Charles Darwin bereits ein berühmter Mann - der sich nicht nur den Unmut des Klerus seiner Zeit zugezogen hatte.

Nichts mehr war wie zuvor

Seit dreizehn Jahren, seit der Veröffentlichung seines einflussreichsten Werks "Die Entstehung der Arten" stand das wissenschaftliche Weltbild quasi Kopf. Auf einmal war nichts mehr "geschaffen" oder "gottgewollt" - und deshalb auch sinnvoll - nein, Veränderung durch zufällige Mutation, Anpassung und geografische Isolation führen seit rund dreieinhalb Milliarden Jahren, seit es Leben auf der Erde gibt, dazu, dass Lebewesen, egal ob Bakterien, Pflanzen, Tiere oder der Mensch entstehen, sich verändern und aussterben. Und der Prozess geht vermutlich weiter, solange die Erde besteht, die Menschen sind im Kommen und Gehen der Arten ein Kettenglied unter unzähligen anderen. Mit Darwin hat das Leben auf der Erde eine Geschichte bekommen.

Ein einfacher Handstrich war es nicht, mit dem Charles Darwin den Menschen von seinem Thron als Krone der Schöpfung gefegt hat. Zwanzig Jahre lang hat er nicht nur akribisch seine Beobachtungen und Hypothesen bearbeitet und vervollständigt, er war sich auch der Tragweite seiner Theorie schmerzlich bewusst und zögerte vielleicht auch deshalb so lange mit deren Veröffentlichung.

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Hör-Tipp
Salzburger Nachtstudio, Mittwoch, 18. April 2007, 21:01 Uhr