Große DVD-Edition

Berlin Alexanderplatz remastered

Im kommenden Juni jährt sich der Tod des deutschen Theater- und Filmregisseurs Rainer Werner Fassbinder zum 25. Mal. Nun ist das zentrale Werk des provokanten Künstlers in einer restaurierten Fassung auf DVD erhältlich: Berlin Alexanderplatz.

Markus Müller vom Kunst-Werk führt durch die Ausstellung.

Die Verfilmung des Stadtromans "Berlin Alexanderplatz" war Fassbinders Lebenstraum. 1979 konnte er sich dann an die Realisierung dieses Mamutprojekts machen.

Fassbinder hat den Stoff des Berliner Romanciers und Nervenarztes Alfred Döblin für das deutsche Fernsehen verfilmt und daraus eine Serie von insgesamt fünfzehneinhalb Stunden Spielzeit gemacht. Sie ist nun auch als sechsteilige DVD-Box unter dem Titel "Berlin Alexanderplatz Remastered" erhältlich und soeben hat die Kulturinstitution Kunst-Werke-Berlin eine multimediale Ausstellung zur Fassbinder Verfilmung eröffnet.

Die Rehabilitierung einer Fernsehserie

Die erstmalige Ausstrahlung der bis dahin teuersten Filmproduktion der BRD hat einen veritablen Skandal ausgelöst. Zuviel Sex, Brutalität und eigenmächtige Auslegung des Stoffes, so die bürgerlichen Medien damals. Über 25 Jahre später kommt es nun zur Rehabilitierung der fast vergessenen Fernsehserie.

Die Rainer Werner Fassbinder Foundation hat die Restaurierung und Digitalisierung der Serie durchgesetzt.

Franz Biberkopfs Schicksal

Berlin 1928: Franz Biberkopf ist wieder frei. Vier Jahre hat er gesessen, wegen Todschlag. Das Opfer: seine Freundin Ida, die auch für ihn auf den Strich gegangen ist. Jetzt will Franz ein neues Leben beginnen. Doch das Leben, das lässt ihn nicht so recht ein gutes werden. Davon erzählt das Buch "Berlin Alexanderplatz" von Alfred Döblin. Davon erzählt auch die Verfilmung durch Rainer Werner Fassinder.

Rainer Werner Fassbinder hat "Berlin Alexanderplatz" sein Meisterstück genannt. Nach dem Skandal der Erstausstrahlung ist die Serie jedoch fast in Vergessenheit geraten. Jetzt aber kann man die insgesamt 15 Stunden Filmmaterial nicht nur in restaurierter Fassung als DVD-Box erwerben. In Berlin kann man die Serie sogar besuchen und in ihr sitzen. Man kann dem Antihelden Franz Biberkopf und seinen Leidensgenossen im wahrsten Sinn des Wortes ins Fenster schauen.

Alexanderplatz weicht einem Hinterhof

In Döblins Roman sind die Figuren ein Spielball des Schicksals, verkörpert durch die moderne Großstadt. Fassbinder hat das Beziehungsgeflecht der Personen in den Mittelpunkt gestellt und das Geschehen szenarisch verdichtet. Der namensgebende Alexanderplatz weicht einem Hinterhof. Die Ausstellung folgt diesem Konzept. Vom Hinterhof geht es in eine der 14 Kabinen. Es sind kleine Kinos. Eines für jede Folge der Serie.

In der Ausstellung kann man sich Fassbinders Berlin Alexanderplatz mit den eigenen Füßen ergehen - von Kabine zu Kabine - und so selbst die Regie der Wahrnehmung übernehmen. Wir begegnen der Hauptfigur Franz Biberkopf, wie er sich als Schlipsverkäufer und Zeitungsvertreter für die Nazis durchschlägt, wie er durch das tobende Berlin der 1920er Jahre stolpert und schließlich wieder auf die Nase fällt und dabei nicht nur einen Arm und einer weitere Geliebte verliert, sondern beinahe auch den Verstand.

Dramaturgischer Einsatz von Licht und Farbe

Wir erleben ein fantastisches Fassbinder-Ensemble mit Günter Lamprecht, Gottfried John und Hanna Schygulla in den Hauptrollen. Wir erleben den dramaturgischen Einsatz von Licht und Farbe, der erst in der restaurierten Fassung voll zur Geltung kommt.

Mit der Neufassung und der Ausstellung des Films in Berlin wird dieses cineastische Meisterwerkt endlich wieder einem breiteren Publikum zugänglich. Zu verdanken ist das im Wesentlichen der Beharrlichkeit von Juliane Lorenz - langjährige Cutterin bei Fassbinder, seine letzte Lebensgefährtin und jetztige Leiterin der Rainer Werner Fassbinder Foundation in Berlin.

"Große Dinge brauchen immer Zeit", meint sie. "Fassbinder hat den Film in drei Jahren auf die Beine gestellt. Was heißt, dass es früher vielleicht etwas leichter war, manche Dinge, die monumentla sind, auf die Beine zu stellen. Ich brauchte sechs Jahre, aber es hat sich gelohnt."

Mehr dazu in fm4.ORF.at

Ausstellungs-Tipp
"Fassbinder: Berlin Alexanderplatz - Eine Ausstellung", Kunst-Werke Berlin, 18. März bis 13. Mai 2007

DVD-Tipp
Rainer Werner Fassbinder, "Berlin Alexanderplatz remastered", Süddeutsche Zeitung Cinemathek

Links
Kunst-Werke Berlin
Rainer Werner Fassbinder Foundation