Ein General und seine Ideen
General einer toten Armee
Veljko Kadijevic war der letzte Verteidigungsminister des ehemaligen Jugoslawiens und Kommandant der Jugoslawischen Volksarmee. Nach Karadzic und Mladic gilt er als meistgesuchter Kriegsverbrecher. Derzeit sorgt ein angebliches Interview mit ihm für Aufregung.
8. April 2017, 21:58
Von Veljko Kadijevic, Jahrgang 1925, stammt der Satz, dass "Jugoslawien kein Libanon sein wird". Das war 1990, am Anfang der Kriege, die zum Zerfall des ehemaligen Jugoslawiens führten. Um das zu realisieren, führte er seine "Volksarmee" gegen das eigene Volk. Zuerst gegen Slowenen und gleich danach gegen Kroaten.
Das Schicksal eines "Jugoslawen"
Nachdem sich Jugoslawien noch viel schlimmer als der Libanon zersplitterte, versuchte sein einstiger Verteidiger Kadijevic eine Partei zu gründen, die politisch noch retten sollte, was noch zu retten war. Die "Kommunistische Liga" durfte sich als Nachfolgerin der guten alten kommunistischen Partei seines Idols Marschall Tito figurieren.
Veljko Kadijevic blieb nach dem Ende seiner "jugoslawischen Idee" in Serbien, aber dort wurde er von den serbischen Nationalisten, wegen seiner kroatischen Mutter, als "Ustascha" und wegen seiner "jugoslawischer Orientierung" als Verräter des "Serbentums" stigmatisiert. Veljko Kadijevic verlor alles: Jugoslawien, Serbien und nach den Angriffen seiner Armee auf Kroatien auch das Land, wo er geboren wurde. Militärisch und politisch niedergeschlagen, wanderte er in die USA aus, wo er schon 1963 am Command and General Staff College diplomierte. Seitdem hörte man nur sehr selten von ihm.
Im Dienste der USA?
Die Konjunktur schräger Figuren des ehemaligen Jugoslawiens ist in dessen Nachfolgestaaten schwer vorherzusagen. In Kroatien jedenfalls ist wieder die Zeit gekommen, über Veljko Kadijevic zu berichten. Die journalistin Nada Starijas-Al-Issa, vom kroatischen Web-Portal business.hr, hat Ende März angeblich mit dem ehemaligen General ein telefonisches Interview geführt. In der Manier eines Spionagethrillers beschrieb die Journalistin, wie sie mit ihm telefonierte. Er durfte sagen, dass er sich keine Sorgen wegen der kroatischen Steckbriefe mache und dass er damals, 1990 und 1991, nur seine Heimat, Jugoslawien, zu retten versucht hatte.
Die Stelle des angeblichen Interviews, die die meisten Kontroversen bewirkte, war die Aussage, dass er sicher sei, weil er die USA mit wichtigen Informationen über Irak versorgt habe und als militärischer Berater der Amerikaner deren Schuz genieße.
Wie in allen guten Spionagegeschichten wird das Publikum über vieles im Unklaren gelassen. "Die USA schließen keine Abmachungen mit Kriegsverbrechern", dementierte auch sogleich Robert Bradtke, der amerikanische Botschafter in Zagreb. Er schloss irgendwelche US-amerikanischen Kontakte mit Kadijevic und besonders eine Rolle als Experte im Irak-Krieg kategorisch aus.
Die Täter
Ob das Interview mit dem Ex-General erfunden ist oder nicht, ist noch immer unklar. Tatsache ist, dass Kadijevic auf freiem Fuß ist. Nach Radovan Karadzic und General Ratko Mladic ist Veljko Kadijevic der meist gesuchte vermutliche Kriegsverbrecher des ehemaligen Jugoslawiens. Den Menschen der Region, die Genugtuung wegen ihrer materiellen und psychischen Opfer suchen, kann niemand erklären, wie es möglich ist, dass diese Figuren nach wie vor auf freiem Fuß leben. Nach den letzten Meldungen befindet sich Karadzic in einem Kloster am griechischen Berg Athos, wo er an einem Gedichtband arbeiten soll.
Links
Kroatisches Innenministerium - Veljko Kadijevic
business.hr