Neues Heim im Nationalpark Kalkalpen
Die tätowierte Sennerin
Bei einer Wanderung durch den Nationalpark Kalkalpen kann man sich auf der 1.100 Meter hoch gelegenen bewirtschafteten Ebenforster Alm laben und ausruhen. Geleitet wird die Alm von Anneliese Spannring, die sich damit ihren Lebenstraum verwirklicht hat.
8. April 2017, 21:58
Neckisch lugt das schwarz-rote Tattoo am wogenden Busen der Sennerin Anneliese Spannring aus ihrer adrett-weißen Dirndl-Bluse. Sie irritiert, die Tätowierung am Körper der urigen Alm-Dame. Und tatsächlich, das Tattoo stammt aus dem anderen Leben der Sennerin.
Alles hausgemacht
Seit den 1960er Jahren lebt die Oberösterreicherin in Rotterdam, arbeitet dort als Kosmetikerin, und ihr Mann ist Lastwagenfahrer. "Aber ich hab' immer schon gewusst, dass ich auf die Alm will", erzählt Anneliese Spannring, während sie die frischen Dampfnudeln aus dem Ofen holt.
Den Traum von der Alm hat Anneliese Spannring vor ein paar Jahren wahr gemacht. Von Mai bis Oktober bewirtschaftet sie den Ebenforster Almboden im Nationalpark Kalkalpen, ein idyllisches Fleckchen, auf dem braun gescheckte Ziegen und grasende Milch-Kühe im Schatten des Trämpel grasen. Käse und Molke wird auf der Ebenforster Alm fabriziert, sowie Strudel, Bretteljausen, Most und Schnaps zur Wanderer-Labung.
Lustiges Leben der Schwoagerin
Das Alm-Leben ist traditionellerweise in Frauen-Händen. Männer wurden in der vorindustriellen Agrarwirtschaft im Tal für die Waldarbeit und am Feld eingesetzt, und die Almwirtschaft wurde oft der Schwester der Bäuerin überantwortet. Die Schwoagerin, Sennerin, hatte die allerhöchste Verantwortung auf der Alm inne, die Halterinnen gingen ihr zur Hand. Für die Frauen war die Alm eine willkommene Gelegenheit, dem strengen Regime am Hof zu entkommen. Auf der Alm ging es oft lustiger und freier zu. Am Wochenende zog die Dorfjugend mit Quetschen und Klampfen auf die Almen. Tänze, Kegelspiele, Branntweintrinkrunden und ausgelassenes gemeinsames Musizieren waren die Attraktionen. Das unbeschwerte Leben stand Pate für das geflügelte Wort von der "sündenlosen Alm".
"Nur ehrliche Leute"
Vom Alm-Leben ist Anneliese Spannring nach wie vor begeistert. Auch wenn die Natur mitunter turbulent wird und lautstarke Gewitterstürme die Almhütte umtosen, so sind es vor allem die Menschen, die zu ihr auf die Alm kommen, die es der Schwoagerin angetan haben. "Auf die Alm kommen nur ehrliche Leute", so lautet die Spannringsche Erfahrung, und so bietet die Sennerin natürlich auch Betten und Matratzen zum Übernachten auf der Ebenforst Alm an.
Hör-Tipp
Ambiente, Sonntag, 1. April 2007, 10:06 Uhr
Link
Nationalpark Kalkalpen