Voodoo-Rock und Jazz-Funk
Dr. John
Er ist ein ganz besonderer Doktor: Dr. John, eigentlich Malcolm John Rebennack, ist einer der interessantesten Protagonisten der Musikszene von New Orleans. Sein ganz eigenwilliger Sound ist ein Synonym für den Klang dieser Stadt geworden.
8. April 2017, 21:58
Dr. John ist kein herkömmlicher Mediziner. Er ist vielmehr der Doktor des Voodoo-Sound. Eigentlich heißt Dr. John ja Malcolm John Rebennack - seinen Künstlernamen legte sich der bald 67-jährige Pianist mit der Reibeisenstimme zu, als er in den 1960er Jahren sich selbst zur schrägen Voodoo-Psychedelic-Rock-Figur stilisierte.
Genauer gesagt nannte er sich "Doctor John Creaux The Night Tripper". Mit dem Album "Gumbo" kehrte er wieder sehr direkt zu seinen Wurzeln zurück: Zur Musik seiner Heimatstadt New Orleans. Darunter eben auch zu den Hits seines Vorgängers, Mentors, Vorbilds, jenem anderen New-Orleans-Piano-Akademiker: Professor Longhair.
Als Hymnen gefeiert
Dr. John nannte Professor Longhair "The Godfather of Funk". Allen Toussaint nannte ihn den "Bach des Rock 'n' Roll". Kaum einer nach Professor Longhair - er starb 1980 - konnte ihm je das Wasser reichen, wenn es darum ging, seine Nummern so zu spielen, dass sie auch, wie man so schön sagt wirklich "fahren". Der Doktor aber hat seine Musik so weitergetragen, dass sie nach wie vor geradezu als Hymnen in New Orleans gefeiert werden.
Rhythm n Blues, Funk, Jazz - an welche Art Musik sich Dr. John je im Lauf seiner langen Karriere heranmachte, alles wurde in seinen eigenen Stil sozusagen eingedoktort, ohne dabei die Kompositionen zu beschädigen. Im Gegenteil. Wenn er zum Beispiel 1995 auf seinem Album "Afterglow" - gemeinsam unter anderem mit Ray Brown am Bass - den einen oder anderen uralten Jazzstandard angreift, dann gelingt es ihm sogar irgendwie, mehr als vielen tausend anderen Interpreten vor ihm, die tatsächliche Pop-Song-Qualität dieser Lieder hervorzukitzeln. Und diese damit vielleicht einem ganz neuen Publikum zu erschließen.
Dr. John und der Jazz
1999 widmete Dr. John mit noch mehr knackender Groove einem der Größten der Jazzgeschichte ein ganzes Album. "Duke Elegant", so der Titel der CD, ist dem großen Duke Ellington gewidmet. Dessen Stücke hat Dr. John natürlich ebenso hörbar eingedoktort - mehr noch als zuvor.
Da klingt etwa ein "It don't mean a thing, if it ain't got that swing" mit Dr. John an der Hammond B3 gar nicht mehr so nach Big Band im Smoking auf der Konzertbühne, sondern vielmehr nach schwülheißer Nacht in New Orleans. Mehr nach "It's maybe just junk, if it ain't got that funk".
Rückkehr zu den Wurzeln
Schon mehrmals im Lauf der Jahrzehnte, ja man kann fast sagen mit seinem gesamten Werk, hat der Doktor seiner Heimatstadt New Orleans ein musikalisches Denkmal gesetzt. Immer wieder, nachdem er stilistische Ausflüge unternommen hatte, kehrte er zu seinen Wurzeln zurück.
Als Big Easy dann so schwer getroffen wurde, all die immensen Schäden und das unglaubliche Leid, die der Hurrikan seiner geliebten Metropole am Mississippi zugefügt hat, hat es ihn entsprechend schwer geschmerzt. Mit dem Mini-Album "Sippiana Hericane" hat er diesem Schmerz Ausdruck verliehen.
Alle Erlöse des Albums "Sippiana Hericane" gehen an die New Orleans Musicians Clinic, die Jazz Foundation of America und The Voice of the Wetlands.
Service
Dr. John, "Gumbo", Atlantic (Warner), ASIN B000002I6P
Dr. John, "Afterglow", Grp (Universal), ASIN B000003N5J
Dr. John, "Duke Elegant", Parlophone (EMI), ASIN B00002MFC1
Dr. John, "Sippiana Hericane", Parlophone (EMI), ASIN B000BUNW9A
Dr. John
Professor Longhair