Was wären wir ohne unsere Ängste

Heilbutt & Rosen im Angriff

In seinem neuen Kabarettprogramm widmet sich das Duo Heilbutt & Rosen dem Thema Angst und ihren vielen Gesichtern. Was tun also, wenn man seine "Riesenameisen" im Erwachsenenalter nicht los geworden ist? Dann muss man sich mit ihnen arrangieren.

Jedem sein Horror

Wer ist nicht schon schweißgebadet aufgewacht, panikerfüllt und voll von Existenzangst? Wer hat nicht schon auf halbem Weg umgedreht, weil er meinte, den Gasherd nicht abgedreht zu haben? Das Kabarettduo Heilbutt & Rosen alias Verena Scheitz und Helmuth Vavra ist sich sicher: Niemand ist vor dem "Angriff der Reisenameisen" in der eigenen Psyche gefeit. Albträume, Beklemmungen, Atemnot, Panikattacken werden mit dem Älter werden immer häufiger. Also begeben sich die beiden Kabarettisten in ihrem aktuellen Programm "Angriff der Reisenameisen" auf eine turbulente Reise durch das Reich der Ängste, Zwänge und Neurosen.

Begebenheiten der eigenen Vergangenheit

Diesen Kabarettabend bestreiten die beiden, ohne - wie sonst üblich - in Bühnenfiguren zu schlüpfen. Der Autor der Texte, Helmuth Vavra, und seine Partnerin lassen sich ohne schützende Bühnenidentität auf teilweise authentische oder gut nachempfundene Begebenheiten der eigenen Vergangenheit ein.

In einer Art Doppelconference führen sie durch den Abend, tun aber auch in der Regie von Leo Bauer ihrem schauspielerischen Talent Genüge und nehmen für kurze Sequenzen auch immer wieder die unterschiedlichsten Rollen an, seien es die der Yuppie-Tussen, eines Geschwisterpaares das auf den Tod der Mutter wartet, oder von Rekruten, die sich bei der Einberufung vor der Untersuchung durch die Amtsärztin fürchten.

Gefahren in allen Lebenslagen

Die kurzweilige Reise durch die angstbesetzte Psyche des Homo sapiens beginnt in den frühen Kindertagen, in welchen der Keim für Zwänge und Ängste jeglicher Art gelegt werden. Der obligate Besuch vom Nikolo und Weihnachten sind ein Horror, der Fasching stellt sich, steckt man erst einmal im falschen Kostüm, als Fiasko heraus und die ersten Mutproben wie Sprünge vom Zehnmeterbrett enden desaströs.

In jedem Lebensabschnitt lauern die Gefahren: Die Schulangst stellt sich als stets treue Begleiterin durch die Kindheit heraus, die Möglichkeit des Versagens ist das Damoklesschwert der Jugend. Kaum hat man sich in der Schulklasse gegen Mobbing erfolgreich gewehrt und die Demütigungen beim Völkerballspiel überwunden, wissen Heilbutt & Rosen von den Ängsten vor dem anderen Geschlecht zu berichten.

Schon die ersten Annäherungsversuche in der Pubertät sind bei näherer Betrachtung eine nicht enden wollende Kette von peinlichen Ereignissen, Tolpatschigkeiten und jede Menge Frust - nach dem Motto "Wie komme ich zu einem Sexualpartner und was mache ich dann mit ihm?" In so manchem Zuschauer steigen da angesichts der vielen kleinen Episoden des alltäglichen Grauens schreckliche Erinnerungen auf, dennoch oder gerade deswegen ist der Unterhaltungsfaktor bei "Angriff der Riesenameisen" ziemlich hoch.

Mit vierzig hatte man Träume

Jeder hatte schon mit unerfüllter Liebe zu kämpfen, ist in peinliche Fettnäpfchen getreten oder hat auf die ganz einfache Frage "Wie viele Quadratmeter hat ein Hektar?" keine Antwort gewusst. Verena Scheitz und Helmuth Vavra gelingt es, eine Reihe von Zwängen und Neurosen dem Lachen preiszugeben nach dem Motto: "Wenn man über etwas lachen kann, ist es schon um vieles einfacher".

Und irgendwann stimmen Heilbutt & Rosen das musikalische Medley von den zerplatzten Träumen an, denn hat man einmal die Vierzig erreicht, dann ist die Zeit der Existenzängste angebrochen. Was bis dahin nicht geschafft ist, wird sich nicht mehr erfüllen lassen. Diese Einsicht ist dank Verena Scheitz, Helmut Vavra und seinem Co-Autor Berthold Föger zumindest auf der Bühne nicht allzu niederschmetternd, denn die Furcht hat ja, wie man im Lauf des Abends auch erfahren darf, etwas Gutes.

Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 4. März 2007, 22:05 Uhr

Links
Heilbutt & Rosen
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