Abbau von 10.000 Stellen geplant

Airbus-Bruchlandung

Der Wille zur Gründung eines gemeinsamen europäischen Flugzeugbauers vor mehr als 40 Jahren war getragen von dem Wunsch, das Boeing-Monopol in der Luftfahrtbranche zu knacken. Doch viele europäische Köche verderben jetzt offenbar den Brei.

Deutsch-französische Reaktionen auf die Krise

Airbus steht für die Idee, Europa technologisch und wirtschaftlich - im wahrsten Sinn des Wortes - zu beflügeln, über die nationalen Grenzen hinaus. Der Start war von der Politik getragen, und politisch ist auch Vieles bei Airbus geblieben - von den Standorten bis zur Zusammensetzung des Managements.

Airbus konnte zwar das amerikanische Boeing-Monopol aufbrechen. Der Höhepunkt der Airbus-Erfolgsstory - der Superjumbo A380 - war aber zugleich Krisensignal: Hohe Verluste wegen Lieferschwierigkeiten haben dazu geführt, dass jetzt 10.000 Jobs gestrichen werden müssen.

Führungsstreit führte zum Chaos

"Wenn wir uns behaupten wollen gegen die Dicken aus den Vereinigten Staaten, dann geht das doch nur europäisch", sagte einst der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder. Während aber einerseits die Regierungen in Berlin und Paris schützend ihre Hände über Airbus hielten, werkelten andererseits ehrgeizige Manager das Unternehmen ins europäische Chaos. Allen voran der ehemalige Airbus-Chef Noel Foregeard, der keinen Widerspruch an seinen Planungen zuließ und interne wie externe Warnungen nicht hören wollte. Die Führungsmannschaft von Airbus wurde in der Folge mehrmals ausgetauscht, bis der Schaden nicht mehr aufzuhalten war.

Nach der Ankündigung, dass sich die Auslieferung der A380 wegen einiger Probleme bei der Innenausstattung verzögern wird, stürzte der Kurs der EADS-Aktie am 14. Juni des vergangenen Jahres um 30 Prozent ab. Dazu kamen Fehlplanungen bei dem kleineren Mittel- und Langstreckenmodell A350. Es floppte so sehr, dass die Fluggesellschaften einen Neustart bei der Entwicklung anmahnten. Das nun A350 XWB genannte Flugzeug sollte zehn Milliarden Euro Entwicklungskosten verschlingen. In der Not übernahm EADS-Vorstandschef Louis Gallois selbst den Steuerknüppel bei Airbus und verkündete Power8, das achtstufige Rettungsprogramm: "Power8 ist ein langfristig angelegtes Programm mit dem Ziel einer Ergebnisverbesserung um 2,1 Milliarden Euro bis zum Jahr 2010."

Streichung von 10.000 Stellen

Mit dem umstrittenen Airbus-Sparplan Power8 sollen nun insgesamt 10.000 Stellen in Europa gestrichen werden, davon 3.700 in Deutschland und 4.300 in Frankreich. Zudem will Airbus drei Werke verkaufen. Airbus-Chef Louis Gallois gab die geplante Abspaltung der Airbus-Werke Laupheim in Baden Württemgberg, Varel in Niedersachsen sowie Saint-Lazaire in Westfrankreich bekannt.

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Massenproteste der Beschäftigten

Nach Bekanntwerden der Sparpläne kam es bereits vor zwei Wochen zu Massenprotesten der deutschen und gleich danach auch der französischen Airbus-Mitarbeiter. "Wenn Mitarbeiter fliegen, bleibt Airbus am Boden" - lautete die deutsche Botschaft auf den Transparenten der mehr als 24.000 demonstrierenden Arbeitnehmer an vier Airbus-Standorten. Sie forderten den Erhalt aller deutschen Standorte und machten vor allem das Management für die Fehler verantwortlich.

Gerhard von Puttfarcken, der Chef von Airbus-Deutschland, räumte Versäumnisse der Firmenleitung ein und ortete ebenso schwere Managementfehler. Er warb aber auch um Vertrauen für die bevorstehenden Entscheidungen: "Ich mache mir Sorgen über Airbus gesamt in Deutschland. Man muss auch bedenken, dass in Frankreich im Mai Wahlen sind, und die Politik in Frankreich wird alles daran setzen, dass da keine Arbeitsplätze aufgegeben werden, denn das würde ja gleich zum Generalstreik führen, weil die etwas entschlossener sind als bei uns. Ich erwarte jetzt von der Politik, dass die hier richtig auf den Putz hauen und Angela Merkel dem Chirac mal sagt, wo es lang geht."

Betriebsräte skeptisch

Auch die Personalvertreter bleiben skeptisch. Der deutsche EADS-Betriebsratschef Rüdiger Lütjen gab zwar bekannt, Airbus-Chef Louis Gallois habe ihm zugesichert, dass der deutsche Anteil am neuen Modell A350 35 Prozent betragen soll. Sollte diese Zusage jedoch nicht eingehalten werden, werde sich die deutsche Belegschaft weiterhin mit Streiks wehren, betonte er.

Der Hamburger Betriebsratschef Horst Niehus meinte ebenso kämpferisch: "Wir wollen den fairen Ausgleich der Interessen, den fairen Ausgleich der Lasten. Dann werden wir vernünftige Kompromisse finden. Wer das nicht will, der erklärt uns den Krieg, und wir wissen die Antwort darauf: Dann geht hier kein Flieger mehr vom Hof!"

Aus dem babylonischen Stimmengewirr bei Airbus wird also europäisches Gezänk. Oder, um es mit dem Chef zu sagen: "Es ist Gift für Airbus, wenn die Einzelstaaten anfangen, ihr Spiel zu spielen."

Hör-Tipp
Saldo, Freitag, 2. März 2007, 9:45 Uhr

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