Zeitgenössisches Modedesign aus Österreich
Modebuch
Schlicht und reduziert ist der Titel der nun von Unit-f herausgegebenen Dokumentation des österreichischen Modeschaffens: "Modebuch" heißt das durchgestylte Werk. Es wurde nun zu einem der schönsten Bücher der Welt gekürt.
8. April 2017, 21:58
"Kleidung ist Architektur ist Performance ist Skulptur ist Grafik ist Archäologie." So lautet das Mode-Credo von "Unit F". "F" steht für Fashion, also Mode, und Unit F ist eine seit dem Jahr 2000 in Wien werkende Einrichtung, die im Auftrag des Bundeskanzleramtes und der Stadt Wien zeitgenössisches Modeschaffen in Österreich fördert.
Uniformen und Livreen
Monica Kurzel-Runtscheiner ist eine der Autorinnen des Modebuchs. Sie schlägt ein besonders prunkvolles Kapitel der österreichischen Vergangenheit auf: die Kleidungsgeschichte am Wiener Kaiserhof. Im Kunsthistorischen Museum hütet Monica Kurzel-Runtscheiner als Sammlungsleiterin des Monturdepots das textile Erbe der Habsburger Monarchie.
Die im Depot des Kunsthistorischen Museums aufbewahrten Gewänder wirken auf heutige Modedesigner durchaus befruchtend. Das beweist der kuriose Fall der Galauniform des kaiserlich-österreichischen Botschafters aus dem Jahr 1814. Knapp 200 Jahre nach ihrer Entstehung wurde die Uniform bei einer Modeausstellung in Paris gezeigt. Ein Jahr später marschierten Models beim Wiener Life Ball in exakten Kopien der Galauniform über den Laufsteg. Die Designerin Vivienne Westwood hatte die Kleidung des Wiener Kongresses für den Life Ball wiederbelebt.
Wenig Mode in österreichischen Museen
Für das "Modebuch" öffnet auch das Wien Museum seine Kleiderschränke, ebenso wie das Museum für Volkskunde, die Universität und das Museum für angewandte Kunst. Doch die österreichischen Mode-Sammlungen reißen in bedauernswerter Weise ab, klagt Ulrike Tschabitzer-Handler, Expertin für Österreichische Mode: "Es ist schade, dass zum Beispiel ein Museum für Angewandte Kunst sich nicht mehr mit der zeitgenössischen Mode auseinandersetzt. Es gibt ja sehr viele junge Labels, die in Paris, London und New York produzieren, und es wäre sehr spannend, da eine neue Sammlung aufzubauen."
Ulrike Tschabitzer-Handler hat das "Modebuch" konzipiert. Sie arbeitet im Unit-F, der Mode-Förderstelle, wo sie Projekte österreichischer Designer monetär und mit Know-How unterstützt.
Neue kreative Szene
Im "Modebuch" wird eine Art Wiedergeburt des österreichischen Modedesigns in den 1980er Jahren konstatiert. In improvisierten Modeschauen über der legendären Diskothek U4 entstand eine neue kreative Szene. Die besten Stücke dieser experimentellen Veranstaltungen wurden mit dem "Goldenen Schöpflöffel" fürs Modeschöpfen prämiert.
Als schlicht und auf das Wesentliche reduziert gilt die alpenländische Mode in der Nachfolge des Großmeisters Helmut Lang. Der 1956 in Wien geborenen Modedesigner eroberte seit den 1980er Jahren von Wien aus die internationalen Pret-a-porter-Shows und etablierte eine erfolgreiche Modelinie. In der Folge von Helmut Langs internationaler Karriere hat sich in Österreich eine sehr lebendige Modeszene entwickelt. Das "Modebuch" stellt die einzelnen Designer-Labels mit informativ-knappen Texten und Kollektionsfotos vor.
Kunstwerk Buch
Mode ist eine ephemere Kunstform. Ihr Wesen liegt in der ständigen Erneuerung. Umso wichtiger ist diese Momentaufnahme der vielfältigen und selbstbewussten österreichischen Kreativ-Szene.
Das "Modebuch" selbst geht gut und gerne als eigenständiges Kunstwerk durch, es ist ein beidseitig beschriebener Endlosdruck - eine Seite deutsch, die zweite englisch. Mit seinen gelochten Rändern erinnert das "Modebuch" an Druckerpapier-Stöße aus früheren Computer-Tagen. Das reich bebilderte Konvolut wird von einem weißen Papp-Schuber umhüllt. Für seine Gestaltung wurde das Modebuch dieser Tage zu einem der "schönsten Bücher Österreichs 2006" und zu einem der "schönsten Bücher der Welt 2007" gekürt.
Hör-Tipp
Kontext, jeden Freitag, 9:05 Uhr
Buch-Tipp
Unit F büro für mode (Hg.), "Modebuch. Zeitgenössisches Modedesign aus Österreich", limitierte Auflage 800 Stk., Moser Book Service, 2006, ISBN 978-3950222500
Veranstaltungs-Tipp
Stephan Hann, "Recycling Couture", 28. Februar bis 15. Juli 2007, Museum für Angewandte Kunst,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßiften Eintritt (20 Prozent)
Mehr dazu in oe1.ORF.at
Links
Unit F
Moser Books Service