Xaver Kroetz' Bauernmusical in München
Der Gwissenswurm
Generell möchte Franz Xaver Kroetz' jetzt mehr inszenieren, statt schreiben. Bei der Bearbeitung des "Der Gwissenswurm" nach Ludwig Anzengruber im Münchner Residenz Theater widmete er sich einem Bauernmusical über Gewissen und Erpessbarkeit.
8. April 2017, 21:58
Im Prinzip ist es Anzengruber'sches Volkstheater mit Kroetz-Musicaleinschlag: Dem reichen Bauern Grillhofer ist es bang um sein Seelenheil, da er ein uneheliches Kind hat und ihm der falsche Erbschleicher Dusterer sehr deutlich die Schrecken ewiger Höllenqualen ausmalt. Nun soll er viel beten und den Hof überschreiben.
Mehr dazu in oe1.ORF.at
Die Welt
Kein Kroetz ohne gepresste Provokation, es muss doch mit dem Hintern einzureißen sein, was mit dem Dickschädel erdacht wurde. Am Ende kommt doch der Christus, riesenhaft schwebt er überm Stubendach, und einer brüllt "Heil Jesus!". Ein Furz zum Schluss. Es sollte uns wohl stinken.
29. Jänner 2007
F.A.Z.
Der Gwissenswurm ist ein Seelenparasit menschlicher Sündhaftigkeit, ein nimmersattes Volksgespinst. Keiner hat ihn je gesehen, doch auf dem bühnenüberspannenden Cover, mit dem Stefan Hageneier das schrille Inszenierungsbilderbuch der gleichnamigen Komödie am Münchener Residenztheater illustriert, ist "Der Gwissenswurm" ein blinder, giftgrüner, haifischzähniger Nessie-Bruder. Später, als Zutat des Regisseurs im Mittelfalz des Buches, wütet er als teufelsrotes Ungeheuer unter wilden Kerlen in einer feuerspeienden Höllenfahrt vorm glühenden Alpenpanorama.
29. Jänner 2007
Süddeutsche Zeitung
Die fünf Live-Musiker im Orchestergraben haben das, was dem Abend insgesamt leider völlig abgeht: Witz, Charme, Pfiff, dazu ein Gespür für Rhythmus und Timing. Mit ihnen wäre durchaus ein Kult-Musical zu machen - ebenso wie mit Stefan Hageneiers grellbunten Berg-, Stuben- und Wiesen-Kulissen, in denen die Farben zu explodieren drohen und eine knallige Manga- und Comic-Ästhetik auf althergebrachtes Bauerntheater trifft. Doch der Humor, den Kroetz obwalten lässt, ist weder ironisch, noch fein, noch perfide, sondern immer nur trampelig, grob und laut.
29. Jänner 2007
Wiener Zeitung
Im Ganzen ist dieser "Gwissenswurm" (der einmal höchstpersönlich als gigantische Geisterbahnfigur vom Himmel herabschwebt) eine bisweilen etwas mühsame Mixtur, eine Art gediegener Komödienstadl, dem der große Bogen fehlt, wobei etliche Details denn doch überzeugen.
31. Jänner 2007
Veranstaltungs-Tipp
Ludwig Anzengruber, "Der Gwissenswurm", seit 26. Jänner 2007, Residenz Theater München
Links
Bayerisches Staatsschauspiel - Der Gwissenswurm
Die Welt - Kroetz steht für kernig
Wiener Zeitung - Einen Jux wollt er sich machen