Förderungen bewirken spürbaren Aufschwung

Rumänien in der EU

Seit 1. Jänner ist Rumänien Mitglied der EU, allerdings mit Einschränkungen bei der Freizügigkeit sowie wegen der Mängel in Justiz und Landwirtschaft. Die Wirtschaftsdaten sind dennoch beachtlich. Allerdings gibt es noch immer viele arme Regionen.

Walter Friedl zu Korruption und Bürokratie

Die Reformen im neuen EU-Land Rumänien haben nach dem Sturz der Ceausescu-Diktatur erst spät an Tempo gewonnen. Dennoch sind die Wirtschaftsdaten bereits beachtlich: Bei mehr als sechs Prozent Wachstum liegt die Arbeitslosigkeit bei etwas mehr als fünf Prozent. Auch die Inflation ist mit fünf Prozent einigermaßen unter Kontrolle.

Trotz der Mängel in Justiz und Landwirtschaft sollen großzügige EU-Förderungen und niedrige Unternehmenssteuern Investoren aus dem Ausland anlocken. Nummer eins ist Österreich mit inzwischen 4.000 Firmen und einer Investitionssumme von neun Milliarden Euro. An der Spitze: Banken, Versicherungen und - mit der Übernahme des Ölkonzerns Petrom - die OMV. Aber auch mittlere Unternehmen haben in Rumänien Fuß gefasst.

Spürbarer Aufschwung

Dass sich das Bild zum Positiven wendet, merkt man an den Aussagen der Oberösterreicherin Monika Puiu. Sie leitet die Vertretung des Linzer Handelsunternehmens Voest Alpine Intertrading in Bukarest und konzentriert sich derzeit darauf, einen Vertrieb für Landwirtschaftsmaschinen aufzubauen. Als die inzwischen mit einem Rumänen verheiratete Managerin vor neun Jahren nach Bukarest kam, kämpfte sie vor allem mit fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten: "Die Telefonverbindungen waren schlecht, ein Fax-Gerät war damals eine Sensation." Das habe sich rapide geändert.

Auch die Ehefrau des Leiters der österreichischen Außenhandelsstelle Walter Friedl ist Rumänin. Er meint, wenn man das Bukarest unter Ceaucescu mit dem Bukarest von heute vergleiche, so sei das wie ein Vergleich zwischen Pjöngjang und Shanghai: "Rumänien ist dreimal so groß wie Österreich. Heimische Investoren wirken daher nicht bedrohlich."

Die österreichischen Global Player

Die größte ausländische Investition in Rumänien war die Übernahme der Banca Comerciala Romana durch die Erste Bank für 3,75 Milliarden Euro im Dezember 2005. Schon ein Jahr früher übernahm die OMV um 1,5 Milliarden Euro 51 Prozent des rumänischen Ölkonzerns Petrom, des größten Unternehmens Rumäniens.

Die Privatisierung ist in Rumänien - nicht zuletzt nach kräftigen Preiserhöhungen für Gas - ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, auch von Schmiergeldzahlungen war die Rede. Die Vergabe wird jetzt von der Staatsanwaltschaft geprüft. Werner Schinhan, stellvertretender Generaldirektor der OMV-Tochter Petrom in Bukarest, bleibt dennoch gelassen und betont, alles sei korrekt abgelaufen: "Wir sind keine Heuschrecken. Österreichische Firmen haben für das Land schon viel getan", betont der Petrom-Chef.

Noch große soziale Unterschiede

Die sozialen Unterschiede sind dennoch groß. Nicht alle Regionen des Landes profitieren vom Wirtschaftsaufschwung: Boomenden Städten wie Bukarest oder Temesvar stehen Kleinstädte und ländliche Gegenden gegenüber. 40 Prozent der rumänischen Bevölkerung lebt auf dem Land, wo es kaum Arbeitsplätze gibt. In manchen Dörfern pendelt die gesamte arbeitsfähige Bevölkerung zum Beispiel als Erdbeerpflücker nach Spanien.

Insgesamt leben zwei Millionen Rumänen im Ausland; das ist fast ein Zehntel der Bevölkerung. Die Lebenssituation auf dem Land verbessere sich oft durch vergleichsweise kleine Maßnahmen, erzählt Christoph Petrik-Schweifer: "Allein wenn ein Güterweg zwischen zwei Ortschaften asphaltiert wird, hilft das schon der Bevölkerung, weil die Menschen mit dem Rad in den Nachbarort zum Einkaufen oder täglich in eine höhere Schule fahren können."

Hohe EU-Förderungen

Seit dem EU-Beitritt sind die Förderungen für Infrastruktur, Landwirtschaft und Unternehmensinvestitionen deutlich gestiegen: "Bis zum Jahr 2013 werden Fördergelder in der Höhe von zwölf Millionen Euro nach Rumänien fließen. Und auch vor dem Beitritt gab es Unterstützung", sagt der Wirtschaftswissenschafter Gabor Hunya. Die EU-Förderungen im Vorfeld haben Rumänien dazu gebracht, den Beitritt in sieben Jahren zu schaffen. Und jetzt wird die EU massiv den Ausbau von Bahn und Straßen fördern.

Was fehlt, sind qualifizierte Mitarbeiter, ist von vielen Unternehmern zu hören. Die Baufirma Rabmer, spezialisiert auf die Sanierung von Rohrleitungen, holt daher bereits ausgewanderte rumänische Facharbeiter zu hohen Löhnen wieder ins Land zurück. Die Nachfrage nach Rohrsanierungen ist in Rumänien groß. Auch hier stellt die EU Fördergeld zur Verfügung. Mit 52 Mitarbeitern in Rumänien gehört diese Firma zu den kleinen und mittleren Unternehmen, für die allgemein die Tür jetzt weit offen steht, ist Geschäftsführerin Rabmer-Koller sicher.

Wie lange wird die Integration dauern?

Besonders dynamisch ist in Rumänien auch der Versicherungsmarkt. Er wächst jedes Jahr um 40 Prozent. Versicherungsmanager Hannes Fahrnberger, Geschäftsführer der Omniasig, einer Tochter der Wiener Städtischen Versicherung, meint: "Europa wird einsehen müssen, dass es jetzt einen Nachbarn gibt, in den man eben investieren muss. Und das wird sich rechnen, für die Investoren und für Rumänien", ist er überzeugt.

Derzeit liegt die Kaufkraft in Rumänien pro Einwohner und Jahr bei 1.400 Euro; das entspricht nicht einmal einem Zehntel des österreichischen Wertes. Eine aktuelle Studie des Standortberaters RegioPlan besagt, dass es noch zwei bis drei Generationen dauern wird, bis Rumänien das westliche Wohlstandsniveau erreicht hat. Österreichs Handelsdelegierter Walter Friedl sieht das optimistischer. Er meint, Rumänien sei schon oft unterschätzt worden. Auch Staatspräsident Traian Basescu prognostiziert, dass sein Land die Integration spätestens in zehn Jahren abgeschlossen haben wird.

Hör-Tipp
Saldo, Freitag, 16. Februar 2007, 9:45 Uhr

Links
Wiener Städtische Versicherung - Geschäftsbericht über Rumänien
wiiw - Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche
Voest Alpine Intertrading
Ölkonzern Petrom
Wirtschaftskammer Österreich
Firma Rabmer