Piraten und die Schokoladenfabrik

Geraubte Schokolade

Brasilien kam vor ein paar Jahren mit einer japanischen Firma in Konflikt, weil sie sich die Rechte auf den Namen der kakaoähnlichen Amazonasfrucht und deren Verarbeitungsweise registrieren ließ. Kritiker nennen dieses Vorgehen Biopiraterie.

Ein Grund für die Biopiraterie ist, dass reiche Länder Interesse an den biologischen Ressourcen armer Länder haben. Diese wissen zwar um ihre Schätze, haben oft aber nicht die Mittel, um eigene Patente auf Nutzungstechniken für ihre Ressourcen anzumelden. Oft erfahren arme Länder nicht, wer auf Verarbeitungsprozesse ihrer nationalen Bioressourcen Patente anmeldet.

Das Problem liegt vor allem darin, dass es noch keine rechtlich bindenden Richtlinien für die Forschung an exotischer Flora und Fauna gibt. Bis es soweit ist, müssen sich Staaten wie Brasilien weiterhin in Eigenregie um ihre Rechte bemühen.

Wettlauf um das Patent

Im feuchtwarmen Klima des Amazonas gedeiht die mit dem Kakao verwandte Urwaldfrucht Cupuacu. Die Biologin Fátima Ribeiro de Nazaré entwickelte in den 1980er Jahren eine technische Methode, um aus dem Kern dieser Frucht eine Art Schokolade zu produzieren. Sie arbeitet für die brasilianische, staatliche Forschungseinrichtung Embrapa in der Stadt Belém, die an der Amazonasmündung liegt.

Embrapa hatte das Patent auf die Herstellung dieser Schokolade bereits im Jahr 1990 eingereicht, jedoch verzögerte sich die Durchführung aus rechtlichen und auch finanziellen Gründen.

1999 meldete schließlich die japanische Firma Asahi Foods Cupuacu als eigene Marke an. Die japanische Firma beantragte auch das internationale Patent auf die Herstellung der Schokolade aus den Cuapuacusamen. Es kümmerte sie nicht, dass die brasilianische Forschungseinrichtung Embrapa das Patent schon vorher beantragt hatte.

Schritt in die richtige Richtung

Mit dem Hinweis auf das eigene Patent forderte Brasilien die Aberkennung der Rechte der japanischen Firma. Dieser Protest hatte erfreulicherweise Erfolg. Nacheinander entzogen die Behörden in Japan, Europa und den USA der japanischen Firma Markenname und Patent.

Michael Schmidlehner, Aktivist bei der Gruppe Amazonlink, kennt die Problematik: "Wenn man sich anschaut, in welchem Ausmaß Biopiraterie betrieben wird, dann ist die Streichung dieser einen Marke sicher nicht etwas, was hier großflächig eine Änderung herbeiführen wird. Wir haben aber das Gefühl, dass es uns gelungen ist, gewissermaßen ein Signal auszusenden, dass es überhaupt möglich ist, zu reagieren."

Patentjagd auf Frösche

Ähnliches erlebte man bezüglich des grünen, im Amazonas beheimateten Cambô, einem Baumfrosch. Das Sekret aus der Haut dieses Tieres wirkt bei Menschen auf den Blut-Herzkreislauf. Indigene Gruppen im Amazonas nutzen es seit langem, um Krankheiten zu heilen und neue Energien für die Jagd zu tanken.

Ohne dass es vorerst jemand in Brasilien erfuhr, meldeten die Universität von Kentucky und die Firma ZymoGenetics in den vergangenen sieben Jahren mehrere Patente an, die sich auf Verarbeitungsprozesse eben dieses Froschsekretes beziehen.

Gesetzliche Urwaldgrenzen ziehen

Einheimische berichten, dass in den letzten Jahren bis zu 5.000 der besagten Frösche aus dem Amazonas herausgeschmuggelt wurden. Brasilien hat zwar ein nationales Biosicherheitsgesetz, das die Ausfuhr von Pflanzen und Tieren verbietet, der Schmuggel über die Urwaldgrenzen ist dennoch kein Problem.

Sobald diese Tiere oder Pflanzen in den Laboren anderer Länder auftauchen, hat Brasilien keine juristische Handhabe mehr. Deswegen fordern Ökologinnen und Ökologen, dass bei der Erteilung von Patenten in Zukunft verpflichtend ist, die Herkunft des Materials und den Ursprung des Wissens offen zu legen. Die reichen Industrieländer sollen dabei ihre eigenen Forschungseinrichtungen und Labore überwachen.

Hör-Tipp
Dimensionen, Mittwoch, 23. Juli 2008, 19:05 Uhr

Links
amazonlink.org
biopiraterie.de