Von China über Indien bis Afrika

Der Indische Ozean

China und Indien - "Chindia", wie manche sie nennen - gelten heute als die dynamischsten Nationen der Welt. Mit 35 Prozent der Weltbevölkerung und bis zu 20 Prozent des weltweiten Wirtschaftswachstums fordern sie zunehmend den Westen heraus.

"Chindia" heißt der neue Begriff, den der indische Ökonom Jairam Ramesh geprägt haben soll. Chindia - zu deutsch Chindien - steht für China und Indien. Die beiden Länder sind nicht nur die bevölkerungsreichsten Nationen der Welt, sie zeichnen sich auch durch die dynamischsten Ökonomien aus.

"Wenn Indien und China stark genug sind, das Beste aus sich herauszuholen, dann bekommen wir wirklich ein asiatisches Jahrhundert“, erklärte der chinesische Regierungschef Wen Jiabao im März 2006 bei einer Pressekonferenz in Peking.

Dabei spielt auch Afrika eine wichtige Rolle, denn dorthin wenden sich China und Indien verstärkt zur Abdeckung ihres rasant wachsenden Energiebedarfs. Öl und andere Rohstoffe kommen auf riesigen Schiffen von Afrika nach Indien und China. Die Transportwege führen über den Indischen Ozean, auf den Spuren uralter Seewege.

Das afroasiatische Mittelmeer

"Der Indische Ozean war so eine Art afroasiatisches Mittelmeer“, sagt Dietmar Rothermund, emeritierter Professor für Geschichte am Südasieninstitut der Universität Heidelberg. "Und er war sicher schon vor Christi Geburt wichtig.“

Im ersten nachchristlichen Jahrhundert war Ägypten römische Provinz und an einen boomenden Fernhandel angeschlossen. Saison für Saison sollen weit über einhundert Frachtschiffe von den Rotmeerhäfen Richtung Indien in See gestochen sein. Während das römische Reich unter anderem Wein, Pferde und Metallwaren lieferte, importierte es Seide, Edelsteine und Gewürze, die teils aus Indien selbst, teils über indische Umschlagplätze aus Indonesien und China stammten.

Später reisten über die maritime Seidenstraße - ebenso wie über die Land-Seidenstraße - nicht nur Händler, sondern auch Gelehrte, Pilger, Mönche und andere Vertreter diverser Religionen. Abgesehen von kurzen kriegerischen Phasen florierten Schifffahrt und das Handelssystem auf dem Indischen Ozean in der Überschneidungszone diverser großer Zivilisationen. Lediglich Wetterumstürze und Piraten stellten eine ständige Gefahr da.

Das Erscheinen der Europäer verändert alles

Das änderte sich mit der Ankunft der Portugiesen im 15. Jahrhundert. Mit dem Vordringen der Europäer beginnt der langsame Verfall der asiatischen Wirtschaftsmacht, die im 16. Jahrhundert von sehr großer, wenn auch schwer kalkulierbarer Bedeutung war.

Nach Ansicht von Experten machte der asiatische Raum bis ins 16. Jahrhundert - nach anderen Kalkulationen noch bis ins 19. Jahrhundert - die Hälfte der Weltwirtschaft aus. Ab Ende des 18. Jahrhunderts aber eigneten sich die Europäer, allen voran die Briten, die lange Zeit nur Stützpunkte in Asien hatten, immer mehr Land an. Mit Kanonenbooten erzwangen die Europäer im 19. Jahrhundert die Öffnung Chinas.

Mit ihrem heutigen ökonomischen Aufstieg sind Indien und China nach Ansicht von Experten somit dabei, sich eine Stellung in der Weltwirtschaft zurückzuerobern, die sie früher einmal innehatten.

Hör-Tipp
Dimensionen, Dienstag, 30. Jänner 2007, 19:05 Uhr