Musste jemand zum Schweigen gebracht werden?
Warum wurde Eichmann ausgeliefert?
Vor kurzem hat der US-Geheimdienst CIA Dokumente über den SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann freigegeben. Interessanter als die Dokumente selbst ist die Frage, warum sich gerade jetzt die CIA zum Thema Eichmann zu Wort meldet.
8. April 2017, 21:58
Viel ist geschrieben worden über den fanatischen Antisemiten, den gefühllosen Bürokraten, den Massenmörder. Drei Mossad-Agenten haben Bücher darüber verfasst, wie sie ihn in Argentinien aufgespürt und nach Israel entführt haben wollen. Aber bisher hat niemand hinterfragt, ob das, was die Mossad-Agenten behaupten, der Wahrheit entspricht.
Nach den jahrelangen Recherchen der Autorin kann die Version des Mossad nicht der Wahrheit entsprechen. Eichmann wurde vom israelischen Geheimdienst nicht aus Argentinien entführt, sondern zunächst nach Uruguay geflogen und dort, am internationalen Flughafen in Punta del Este, in die El-Al-Maschine gesetzt.
Keine Suche nach Eichmann
Der Mossad hat Eichmann auch nicht gesucht, obwohl ihm von verschiedenen Seiten konkrete Hinweise auf seinen Aufenthaltsort gemacht wurden.
Gefunden wurde Eichmann von einem alten blinden Mann: von Lothar Hermann. Der Halbjude und Sozialist war im KZ Dachau gefoltert worden und nach Argentinien emigriert. Dort freundete sich seine Tochter mit einem Klaus Eichmann an. Hermann vermutete, daß er der Sohn Adolf Eichmanns sei und teilte dies im September 1957 dem hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer mit.
Mossad schloss Akte
Bauer informierte die israelische Regierung, doch die zeigte wenig Interesse. Sie schickte einen Agenten nach Buenos Aires, der kein spanisch sprach, einen lustlosen Blick auf Eichmanns Unterkunft warf und zu dem Schluss kam, dass ein so wichtiger Nazi nicht unter solch bescheidenen Bedingungen leben könnte. Der Mossad schloß die Akte. Empört schrieb Hermann im März 1960 nach Israel: "Es scheint, dass Sie kein Interesse haben, Eichmann zu verhaften."
Bis hierhin ist die Geschichte bekannt. Nicht bekannt ist, wie Premierminister David Ben Gurion am Ende umgestimmt und zur "Entgegennahme" des Kriegsverbrechers überredet wurde.
Was wusste Eichmann?
Der Kriegsverbrecher wurde den Israelis wohl nicht nur deshalb ausgeliefert, weil er den Holocaust organisiert hatte, sondern weil er auch zu viel wusste und anfing zu reden.
Reden worüber? Was wusste Eichmann, was den Mächtigen gefährlich werden konnte? Und wer sind diese "Mächtigen"? Die Suche nach den Motiven der Entführer führt in die Welt der Erdölindustrie. Sie führt zum Pakt von Standard Oil mit den Nazis. Dieser Pakt ist nur zum Teil dokumentiert - was die Überlassung der für die deutsche Kriegswirtschaft lebenswichtigen Patenten angeht. Nicht bekannt ist, dass die US-Erdölindustrie mit den Nazis gemeinsam die Erdölvorkommen des Kaukasus erobern wollte. Adolf Eichmann stand fünf Jahre lang auf der Lohnliste von Standard Oil.
Und gleichgültig, welche Spur die Autorin verfolgte: Sie landete immer bei einem Mann, dem Mann von Standard Oil: William Mosetti. Offizier für Mussolini, US-Agent und Generaldirektor von Mercedes Benz Argentina. Dort arbeitete auch Adolf Eichmann.
Service
Gaby Weber, "Daimler-Benz und die Argentinien-Connection", Assoziation a, ISBN 978-3935936330