Der hindernisreiche Weg Serbiens Richtung Europa

Die radikale Demokratie?

Am vergangenen Sonntag fanden in Serbien Parlamentswahlen statt. Die Resultate zeigen, wie schwierig es ist, sich vom bisherigen politischen Weg zu befreien. Mit Geschichte belastet, versuchen die Serben nun, einen "Europa-würdigen" Staat zu schaffen.

Wenn man die Berichte und Kommentare über die Parlamentwahlen in Serbien, die am 21. Jänner stattgefunden haben liest, ist man etwas verwirrt. Man hört, dass der Block der demokratischen Parteien die Wahlen für sich entschieden hat. Fast alle reden davon, dass sich Serbien auf dem europäischen Weg befindet - und man freut sich darüber.

Die pro-europäisch orientierten Kräfte ("demokratisches Lager") haben die Mehrheit im Parlament errungen. So hat die Demokratische Partei (DS) des serbischen Präsidenten Boris Tadic 22,9 Prozent, die Demokratische Partei Serbien (DSS) des noch aktuellen Premiers Vojislav Kostunica 17 Prozent erhalten. Liest man dann, dass die Serbische Radikale Partei (SRS) die meisten Stimmen - mehr als 28 Prozent - bekommen hat, trübt sich das Bild ein wenig. Man könnte denken, dass es in Serbien so etwas wie "Radikale Demokratie" oder "Demokratische Radikale" gibt, aber die Kenntnis der politischen Landschaft schließt dies aus.

Der "demokratische Block"

Wenn man diesen "demokratischen, pro-europäischen Block", der allerdings nicht homogen ist, mit rund 40 Prozent der Wählerstimmen als Sieger betrachtet, bleibt die Frage offen, welcher politischen Linie die Radikalen, die die eigentlichen Sieger sind, folgen.

Dass sie die neue Regierung nicht aus ihren Reihen stellen können, ist ja kein Zeichen, dass die Probleme dieser Region vor ihrer endgültigen Lösung stehen.

Einschätzungen von Projektionen geleitet

Es scheint, als würden die Einschätzungen von Medien und Beobachtern mehr auf ihren eigenen Projektionen und Wüschen beruhen, als auf tatsächlichen Fakten. Es ist jedoch fraglich, warum die meisten Bürger eines Landes eine Partei wählen, die ihre "Ikone" in der Person eines Mannes sehen, der vor dem Kriegsverbrechenstribunal in Den Haag schon seit 2003 als Verdächtiger gilt.

Warum die Menschen eines Staates mehr ihrem populistischen Führer glauben, als vernünftigen Politikern, ist eine immer aktuelle Frage. Warum ist es möglich, dass die Parteien, die eine isolationistische und nationalistische Politik betreiben, so großen Erfolg bei den Wählern, speziell in den Ländern Süd-Osteuropas, haben? Die Ursache dafür bloß auf die dortigen Verhältnisse zurückzuführen, reicht da nicht aus. Man muss sich vielmehr fragen, warum die westeuropäischen Modelle entwickelter Demokratie nicht überzeugend sind.

Westliche Vorbilder bei Nachwahl-Slogans

In einem folgen die serbischen Parteien nach der Wahl allerdings ihren westlichen Vorbildern - und zwar in ihren Aussagen und Feiern. "Wir haben gewonnen", proklamierte der Interimsführer der Serbischen Radikalen Partei. Und fügte seine Gedanken über die Wahlen hinzu: "Die Resultate haben die wahre Kraft der politischen Parteien in Serbien gezeigt".

Und Cedomir Jovanovic, Präsident der Liberaldemokratischen Partei (LDP) meinte, "Wir sind der Beweis, dass eine positive Energie vorhanden ist, die die Kraft haben wird, alle Probleme in Serbien zu lösen". Seine LDP könne sich der Sympathien und der Unterstützung der europäischen Öffentlichkeit und Politik erfreuen. Tatsache ist aber, dass die LDP mit ähnlichen kleineren Parteien kaum fünf Prozent der Stimmen erreicht hat. Laut Jovanovic gibt es bei den politischen Mitbewerbern andere Prioritäten: "Sie hängen an nationalen Projekten der Vergangenheit: wertemäßig setzen sie eine Hängelampe vor den Computer, den Sittenkodex anstelle des Rechts, das in einer modernen Demokratie herrscht - und den Feudalismus als Ersatz für den freien Markt". Die LDP wolle aber ein Serbien schaffen, das als Partner und nicht als Feind von seinen Nachbarn gesehen werde.

Die Sieger - und jene, die sich als solche fühlen

Und weil die "moralischen Sieger" ihre "Pyrrhus-Erfolge" feiern, kämpfen jetzt, wie auch in vielen modernen europäischen Staaten, die "demokratisch orientierten" Parteien um die wichtigsten Stellen in der neuen Regierung.

Die erfolgreichere Partei aus diesem Block, die Demokratische Partei (DS), kündigt an, dass der neue Premier aus ihrer Partei kommen wird. "Die Partei mit den meisten Stimmen im demokratischen Block hat das Vorrecht, die neue Regierung zu bilden". Der noch regierende Premier aus der national-konservativen Demokratischen Partei Serbiens (DSS), Vojislav Kostunica, sieht das natürlich ganz anders. Er zeigt sich zufrieden und betont, dass die Situation in Serbien aufgrund der Bedingungen der internationalen Gemeinschaft, die dem Land gestellt werde, noch schwieriger ist als in anderen Übergangsstaaten.

Wie geht es weiter?

Welche weiteren Bedingungen die internationale Gemeinschaft Serbien noch stellen wird, bleibt offen. Es ist jedenfalls zu hoffen, dass sie nicht nur im Fall Serbiens, sondern des gesamten süd-osteuropäischen Raumes, künftig etwas überzeugender wirken wird.