Ein Schelm und Narr

Ringsgwandls "schärfster Gang"

Freundlich und leicht wie ein Windhauch im Frühling oder scharf wie die Axt im herbstlichen Gehölz, so sind die Bonmots des Georg Ringsgwandl. Laut Eigendefinition ist er ein "Schelm und Narr", der sich über "die Gesellschaft" lustig macht.

Ringsgwandls eigenwilliger Gesangsstil

Ich mecht leben wia Kuah, deppat, aber munter,
im Sommer komm ich auf die Alm, im Herbst treibt mich wer runter.
Ich werde jeden Tag gepflegt und zwar von hint bis vorn
hint putzt mir wer das Euter, vorn poliert mir wer das Horn.


Mit Überlegungen zum Leben einer Kuh eröffnet Georg Ringsgwandl gemeinsam mit dem Gitarristen Nick Woodland, Manfred Mildenberger am Schlagzeug und Florian Schmidt am Bass zurzeit seinen aktuellen Musikkabarett-Abend "Der schärfste Gang". So abwegig findet der Exkardiologe mit dem Hang zu Rockmusik, Hip-Hop und messerscharfer Satire den Gedanken vom einfachen Leben nicht, denn: "Die Existenz in Mitteleuropa ist anstrengend, der Mensch ist äußersten Belastungen ausgesetzt. Da habe ich mir gedacht, als Kuh ist das Leben angenehmer, man lebt bescheiden, aber abgesichert. Man kann sich in Ruhe die Welt anschauen, bis man dann durch den Schlachtschussapparat stirbt. Das geht schnell und nach dem Tod ist man auch noch nützlich. Das hat was Beruhigendes."

Der ganz normale Alltag

Genau genommen ist es die Welt, in der wie leben, die für Georg Ringsgwandl im Mittelpunkt seiner Überlegungen steht. Der ganz normale Alltag zwischen Murnau und Kitzbühel, zwischen Häuselbauen und Möchtegern-Jetset, zwischen Tennisplatz und Stammkneipe. An den einfachen Leuten, Bürgern mit Wohlstandsbäuchen, schlampigen Hausfrauen, Alltagsnazis, verstiegenen Ökotypen und Tierhomöopathen hat Georg Ringsgwandl seinen Narren gefressen.

Er erzählt in seinen Shows, Songs und Conferencen eigentlich von einer ganz normalen Welt. Diese aber wird durch den Blickwinkel des bayerischen Musikkabarettisten ein aberwitziges Kaleidoskop menschlicher Erscheinungsformen.

Ein einfaches Leben

Georg Ringsgwandl spintisiert im Laufe eines Kabarettabends und entwirft - neben vielen unterschiedlichen abgedrehten Ideen - auch die Vision vom askesebestimmten, kuhgleichen Leben. Allerdings hat die Sache einen Haken:

"Um diesen einfachen Lebensstil gut zu führen, braucht's Wachheit, Suchtfreiheit! Das ist die Ungerechtigkeit, weil ja viele einfache Leute nicht über diese geistige Ausbildung verfügen und über das Instrumentarium der Lebensführung verfügen, das man braucht, um einfach leben zu können. Weil das ganze System so beschaffen ist, dass der einfache Mensch meint, wenn er diesen neuen DVD-Recorder nicht hat, dann fehlt ihm etwas. So ist das nämlich, dass die ganz einfachen Menschen die ersten Opfer dieser Werbewirtschaft sind."

Lust an der Selbstdarstellung

Georg Ringsgwandl ist ein Schelm. Er gehört - laut Eigendefinition - zur "Jahrhunderte alten Gattung der Schelme und Narren, die sich über ihre Gesellschaft lustig machen". Dabei hat der ehemalige bayerische Oberarzt sichtlich unglaublichen Spaß, den "Fluss seiner Gedanken" sprudeln zu lassen und seinem Hang zum extravaganten Outfit nachzugeben. Dies wäre im so im "normalen" Leben nicht möglich, da "würde ja gleich die Ambulanz kommen und mich in die Klapsmühle bringen!"

Diese Lust an der Selbstdarstellung mit greller Schminke, androgynen Gesten und abgezirkelten Bewegungen, die der Profildarstellung eines Ägypters gleichen, überträgt sich innerhalb kürzester Zeit auf sein Publikum. Das erfreut sich an den Hervorbringungen des unglaublich losen Mundwerks des Bayern - und die Kritik jubelt, seit beinahe 30 Jahren: Georg Ringsgwandl, der Inbegriff des kabarettistischen "Bösen"!

Georg Ringsgwandl: "Das ist ein Kritiker-Klischee! Im Laufe der Jahrzehnte hat sich das im Feuilleton entwickelt, dass ein. Kabarettist böse sein muss, um gut zu sein. Je böser, umso besser! Das halte ich für Quatsch, denn ich bin überhaupt nicht böse, ich bin eine Art Hofnarr, der auf witzige Weise die Zeit kommentiert. Ich selbst werde auch nie eine gute Figur machen."

Ein Hoch den Dialekten!

Eine Tour de Force ist es, wenn Georg Ringsgwandl aus seiner Studienzeit zu berichten beginnt - in Bayerisch, versteht sich. In Österreich bestehen für ihn ja keine Sprachbarrieren, da fühlt er sich wie zu Hause, was in Norddeutschland nicht der Fall ist, denn dort "herrscht" das Hochdeutsch und das ist für Georg Ringsgwandl keine Heimat:

"Ich empfinde Trauer über den Verlust der Dialekte. Die Welt, in der ich aufgewachsen bin, war so: In Bad Reichenhall hatte man einen ganz anderen Dialekt als in Piding oder Anger. Zur Zeit meiner Großmutter hatte in dem Tal jedes Dorf einen eigenen Dialekt. Heute sterben die Dialekte aus, ganz Norddeutschland hat praktisch keinen Dialekt mehr, keiner redet mehr platt. Selbst meine Kinder, die in Garmisch und in Murnau aufgewachsen sind, die reden hochdeutsch, nur wir Väter, die sind noch die Dialekt redenden Büffel. Der Dialekt ist meine Heimat. Wenn ich nach Wien komme, dann bin ich zu Hause. Mit dem Taxler kann ich sprechen und wir verstehen uns. In Hannover ist mir immer alles fremd. Ich glaube nicht, dass sich das Leben in einem klinischen Hochdeutsch abspielen könnte. Der Mensch kann nicht in Sterilität leben!"

Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 7. Jänner 2007, 22:05 Uhr

CD-Tipp
Georg Ringsgwandl, "Der schärftse Gang", Lawine Records, ASIN B000HWXTC2

Links
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