Spielen aus dem Moment heraus

Wenn die Welt dich am Herzen kitzelt

Der amerikanische Psychologe Fred Donaldson ist Spielspezialist: Er spielt mit Kindern und wilden Tieren, mit Gefangenen und psychisch Kranken, dabei geht es vor allem um eine Begegnung auf der Herzens-Ebene, die Menschen öffnet und Lebensfreude schenkt.

Im Spiel verbünden wir uns über die Grenzen von Nationen, Kulturen und Religionen hinweg mit dem Leben selbst. Spielend berühren sich Lebewesen gegenseitig in dem, was in ihnen zutiefst lebendig ist. Spiel ist verkörperte Freundlichkeit. Spielen erfordert einen zweiten Blick. Das ist schwierig, weil die Stimme unseres Herzens erstickt wird durch Gedanken, Ängste und Urteile. Mit der Weisheit eines dritten Auges versetzt das Spiel uns in die Lage, die Wahrheit hinter den Erscheinungen zu sehen. Einladungen zum Spiel entschlüsseln heißt, unter die Oberfläche schauen und mehr als Worte hören können. Alle Spielgefährten halten zwei ganz besondere Geschenke für uns bereit: Du bist liebenswert und: Es gibt nichts zu befürchten.

Diese Sätze stammen vom Spielforscher Fred Donaldson, der in seinem Buch "Von Herzen spielen" das Spielen auf eine Begegnung von Individuen beschränkt, die Menschen öffnet und ihnen vor allem Lebensfreude schenkt.

Spielen ohne Regeln und ohne Spielzeug

Fred Donaldson hat eine ganz eigene Form des Spielens entwickelt, die zu einer spirituellen Begegnung zwischen zwei Wesen wird. Ursprünglich lehrte er Psychologie an mehreren amerikanischen Universitäten, wandte sich danach jedoch ernüchtert von der akademischen Welt ab. Als Betreuer in einem Kindergarten fand er seine wahre Berufung: das Spielen.

Es handelt sich um ein Spielen ohne Regeln und ohne Spielzeug, es geht um Körperkontakt, um Berührung, es geht darum, sich ohne Schranken im Kopf auf einander einzulassen. Von außen sehen diese Spielsitzungen aus, wie wenn Menschen miteinander herumtollen und herumblödeln, es liegt eine große Ausgelassenheit darin.

Mit jedem Wesen in Kontakt treten

Diese Form des Spielens hat Donaldson nicht nur mithilfe von Kleinkindern erlernt ("Sie sind unsere größten Lehrmeister, weil sie uns den Kopf frei machen") sondern auch mithilfe von wilden und zahmen Tieren, mithilfe von psychisch kranken oder behinderten Menschen. Immer geht es darum, Erwartungen und vorgefasste Meinungen und Bewertungen abzulegen und miteinander in einen von Leichtigkeit und Fröhlichkeit geprägten Kontakt zu treten.

Auf dieser Ebene kann man mit jedem Wesen in Kontakt treten, behauptet Donaldson, der in der Vergangenheit mit wilden Wölfen, Grizzly-Bären und Löwen ebenso gespielt hat, wie mit Delphinen und Schlangen. "Unsere Vorstellungen von der Realität werden zur Realität", so Donaldson. "Wenn wir glauben, dass wir mit Haifischen nicht spielen können, dann können wir eben nicht mit ihnen spielen."

Heute tingelt der Spielforscher und Kampfsportmeister zwischen den USA, Südafrika und Europa. In Südafrika hat er auch Spieltrainings mit Straßenkindern absolviert, die dann im Zuge von Straßendemonstrationen zwischen der Armee und schwarzen Aktivisten spielerisch-deeskalierend eingriffen und Gewalt verhinderten.

Spielen ohne Wettbewerbsdenken

Sein "Original Play" ist kein kulturell geprägtes Spiel. Es geht nicht darum, eine Kulturtechnik spielerisch zu vermitteln oder um die Wette zu rennen: "Jedes Wettbewerbsdenken liegt dieser Art des Spielens fern", erklärt Donaldson, der auch Spiel-Seminare für Erwachsene in Österreich abhält: "Das Wettbewerbsdenken, dass die gesamte westliche Kultur durchzieht, ist dem ursprünglichen Spiel diametral entgegengesetzt. Wer seinem Wesenskern nahe ist, habe kein Bedürfnis nach Siegen, auch nicht nach Rache oder Vergeltung."

Hör-Tipp
Dimensionen, Dienstag, 19. Dezember 2006, 19:05 Uhr

Download-Tipp
Ö1 Club-DownloadabonnentInnen können die Sendung nach der Ausstrahlung 30 Tage lang im Download-Bereich herunterladen.

Buch-Tipp
Fred Donaldson, "Von Herzen spielen", aus dem Englischen übersetzt von Karin Petersen, Arbor Verlag, ISBN: 3936855129

Link
Originalplay