Über Herkunft, Anfänge und Karriere
Netrebko und Villazón zu Gast
Sie sind heute das international gefeierte Traumpaar der Opernbühne: Anna Netrebko und Rolando Villazón. Im Rahmen einer Opernfreunde-Veranstaltung in der Staatsoper sprachen die beiden Stars über ihre Anfänge, ihre Herkunft und ihre Karrieren.
8. April 2017, 21:58
Das große Haus der Wiener Staatsoper war am 5. November 2006 bis zur Galerie gefüllt, als sich Anna Netrebko und Rolando Villazón, das derzeitige "Traumpaar" der Opern-Szene, einen Tag nach seinem umjubelten Konzert in der Wiener Stadthalle den Opernfreunden zum launigen Gespräch stellte.
"Dieses Stadthallenkonzert war natürlich sehr aufregend für uns, wir wussten, dass die große Halle mit 11.000 Besuchern ausverkauft war", erzählt Star-Sopranistin Anna Netrebko. Und ihr Bühnenpartner Rolando Villazón ergänzt: "Das Publikum war zum Schluss so begeistert, dass wir als Zugaben noch sechs oder sieben Stücke hätten singen können, doch wir hatten nur drei vorbereitet. Also haben wir das 'Brindisi' aus Verdis 'Traviata' zweimal gesungen."
Netrebkos internationaler Durchbruch in Salzburg
Der internationale Durchbruch gelang Anna Netrebko im Jahr 2002 als Donna Anna in Mozarts "Don GiovannI" bei den Salzburger Festspielen, obwohl sie bereits vorher in Paris, in San Francisco und an der Met äußerst erfolgreich gewesen war. Ihr Wiener Debüt gab sie 2003 als Violetta in Verdis "La Traviata".
"Natürlich war ich damals sehr nervös, aber die Traviata ist eine Rolle, die ich gerne singe, obwohl sie sehr schwer ist. Aber nach dem ersten Akt war die Reaktion des Publikums derartig, dass sich mein Herz auftat und es ist dann alles wunderbar gelaufen", erzählt Netrebko.
Villazóns österreichische Wurzeln
Die Vorfahren von Rolando Villazón stammen aus Österreich, dadurch brachte ihn seine Großmutter in Mexiko in eine deutsche Schule.
"Ich war neun Jahre in der deutschen Schule, wo alles auf Deutsch unterrichtet wurde und ich kam mir vor wie ein Fremder im eigenen Heimatland", so der gefeierte Tenor. Ursprünglich hieß die Familie Roth, ist aber nicht mit dem Schriftsteller gleichen Namens nicht verwandt.
Netrebko-Mentor Valery Gergiev
Anna Netrebko stammt aus einer kleinen Stadt im Süden Russlands und hatte wenig Beziehung zur Oper. Erst als sie in St. Petersburg eine "Otello"-Aufführung sah, sprang der Funke über und sie beschloss, Sängerin zu werden. Einer ihrer großen Förderer war der Dirigent Valery Gergiev, wie sie erzählt:
"Gergiev war mein Mentor, er hat mich dorthin gebracht, wo ich heute bin. Ich bin ihm unendlich dankbar, denn er war sehr einfühlsam und hat mir immer geholfen und mich gefördert."
Keine Aschenputtel-Herkunft
Ursprünglich wollte sie gar nicht Sängerin werden, aber sie wollte zur Bühne: "Schon als Kind hat es mich gereizt, quasi in die Haut eines anderen zu schlüpfen und das Leben mit all seinen Facetten auf die Bühne bringen. Am liebsten aber spielte ich eine Prinzessin."
Das in vielen Geschichten kolportierte Aschenputtel-Image von Anna Netrebko stimmt nicht. Sie stammt aus gutbürgerlichem Haus, ihre Eltern waren Akademiker, und sie studierte Gesang in Petersburg. 1991 erfolgte ihr Debüt.
Villazón: Mit 20 Liebe zur Oper entdeckt
Auch Rolando Villazón spielte als Kind in seiner Phantasie viel Theater. "Eine meiner Lieblingsrollen war zu dieser Zeit der Don Quichotte im Mann von 'La Mancha'. Aber auch das Dschungelbuch habe ich nachgespielt. Einige Zeit lang war ich auch Ghandi. Ich kaufte mir einen großen Mantel und rasierte mir den Kopf, doch ich kam rasch darauf, dass zu Ghandi mehr gehört als nur das Äußere", berichtet der Star-Tenor.
"Später bewarb ich mich auf Grund einer Zeitungsanzeige als Clown. Es gab immer zwei Clowns, den gescheiten und den dummen. Ich bin Tenor - was glauben Sie, welchen Clown ich gegeben habe?", fragt Villazón schmunzelnd. Mit 20 Jahren entdeckte er seine Liebe zur Oper. "Ich habe immer gerne gesungen und jemand schenkte mir eine Crossover-LP mit Placido Domingo und John Denver. Ich war so begeistert von Domingo, dass ich alle Lieder nachgesungen habe. Er war indirekt mein erster Lehrer", so Villazón.
Ein permanenter Lern-Prozess
Aber auch heute sind beide Stars noch immer dabei zu lernen: "Singen ist ein endloser Prozess, bei jedem Auftritt lernt man etwas dazu. Aber natürlich ist zunächst ein guter Lehrer wichtig", stellt Netrebko fest.
"Wie in jedem Beruf braucht man am Anfang einen guten Lehrer, aber später muss man seinen eigenen Weg gehen. Man muss selbst erkennen, was in einem drinnen ist. Nur so kann man sich letztlich auch künstlerisch weiter entwickeln", resümiert Villazón.
Dank an das Publikum
"Wir können nur hier sein, weil Sie, das Publikum, hier sind. Ohne Sie könnten wir nicht hier sein. Vielen Dank dafür!", verabschiedeten sich Anna Netrebko und Rolando Villazón bei dieser vom Publikum mit Enthusiasmus aufgenommenen Matinee.
Hör-Tipp
Opernwerkstatt, Sonntag, 3. Dezember 2006, 15:06 Uhr
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