Agatha Christie und der versteckte Schlüssel

Pera Palas, Istanbul

Das Hotel Pera Palas im Zentrum Istanbuls wurde 1891 für die Fahrgäste des Orient Express errichtet. Hier war auch Agatha Christie zu Gast. Um ihre Aufenthalte in der Stadt und im Pera Palas ranken sich wilde Gerüchte und geheimnisvolle Geschichten.

"Wir wollen Zimmer 411 sehen!"

Umgeben von Gärten und großzügigen Parkanlagen wurde 1891 das Hotel Pera Palas auf einem Hügel über dem Goldenen Horn Istanbuls errichtet. Heute steht das Gebäude inmitten enger Häuserschluchten und dem tosenden Lärm einer achtspurigen Stadtautobahn.

Schon bald nach seiner Eröffnung 1892 wurde das Grand Hotel Anziehungspunkt für berühmte Reisende aus der ganzen Welt: Könige und Politiker stiegen hier ebenso ab, wie Schauspieler, Spione und Schriftsteller. Mustafa Kemal Atatürk soll hier seine Pläne für eine moderne Türkei erarbeitet haben, Agatha Christie schrieb hier einige ihrer bekannten Romane. Die Hotelzimmer der beiden sind heute kleine Museen.

Zimmer 411: Agatha Christie

Die bekannte englische Krimiautorin bewohnte im Hotel Pera Palas zwischen 1926 und 1932 immer das gleiche Zimmer, die Nummer 411. Hier schrieb sie auch einen ihrer berühmtesten Romane, den "Mord im Orient Express". Wie es sich für eine Krimi-Autorin gehört, rankt sich um ihre Aufenthalte in Istanbul und im Hotel ein Gerücht, eine Geschichte in zahlreichen Versionen.

Agathas Geheimnis

Drei Jahre nach Agatha Christies Tod 1976 plante die Hollywood Produktions-Firma Warner Brothers einen Film: "Das Geheimnis der Agatha Christie". Konkret sollte der Film von elf fehlenden Tagen im Leben der Autorin handeln.

Agatha Christie verschwand im Dezember 1926, nachdem ihre Mutter kurz zuvor verstorben war und ihr damaliger Mann eine Affäre mit einer Golfpartnerin eingestanden hatte. Agatha verließ das Haus, ihr Auto wurde später in einer verlassenen Gegend gefunden und sogar Gerüchte über einen Selbstmord der Autorin machten damals die Runde. Elf Tage später wurde sie verstört und ohne jede Erinnerung an diese Tage in einem Hotel in Harrogate aufgefunden.

Um das Rätsel der elf fehlenden Tage zu lösen beschritten die Filmleute von Warner Brothers einen unüblichen Weg. Tamara Rand, ein in Hollywood bekanntes Medium, wurde engagiert, um mit der Verstorbenen in Kontakt zu treten. Sie hielt eine Seance und konnte angeblich wirklich mit der toten Agatha Christie kommunizieren.

Ein mysteriöser Schlüssel

Agatha teilte Tamara Rand mit, sie hätte einen Schlüssel im Zimmer 411 im Hotel Pera Palas in Istanbul versteckt. Der Schlüssel würde das Rätsel um die elf fehlenden Tage lösen.

Journalisten aus der ganzen Welt fanden sich daraufhin am 7. März 1979 im Pera Palas ein. Über Telefon dirigierte Tamara Rand aus Los Angeles die Filmleute zum Versteck, übertragen im amerikanischen Fernsehen. Und tatsächlich: Gleich neben der Zimmertüre wurde ein verrosteter, acht Zentimeter langer Schlüssel gefunden, versteckt unter einem Brett des Fußbodens.

Der unerbittliche Hoteldirektor

Zum Erstaunen der Film-Crew beschlagnahmte der Hoteldirektor des Pera Palas den Schlüssel. Für zwei Millionen Dollar würde er ihn den Filmleuten überlassen. Sein Druckmittel: Agatha Christies Geist hatte mitgeteilt, das Geheimnis der elf Tage könne nur gelöst werden, wenn sich der Schlüssel in den Händen von Tamara Rand befände. Das Geschäft mit dem unerbittlichen Hoteldirektor kam nicht zustande.

Bis vor einem Jahr befand sich der Schlüssel in einem Hotel-Safe, jetzt ist er in einer Vitrine in der Hotelbar ausgestellt. Ob und wie er das Geheimnis der elf fehlenden Tage im Leben von Agatha Christie lösen könnte, blieb bis heute ungelöst. Der Film aber wurde gedreht, ohne eine Pera-Palas-Sequenz.

Hör-Tipp
Ambiente, Sonntag, 26. November 2006, 10:06 Uhr

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