Physik für jeden Tag

Unglaublich einfach. Einfach unglaublich

Der Experimentalphysiker Werner Gruber machte bisher vor allem durch gebrauchsfertige Physik von sich reden. In seinem neuen Buch gibt er physikalische Antworten auf Fragen des Alltags. So erklärt er etwa die Thermodynamik des Kuschelns.

Wie kommuniziert man mit einem Außerirdischen?

Physik für jeden Tag - der Untertitel von "Unglaublich einfach, einfach unglaublich" gibt einen Hinweis auf das Herzensanliegen des Wissenschaftlers Werner Gruber: die Physik im Alltag wahrzunehmen, und ebenda auch anzuwenden. Das Buch kann aber auch in brenzligen Situationen helfen. Es verspricht, die Überlebenschancen bei einem Flugzeugabsturz zu erhöhen, indem man sich physikalisch auf den Sturz aus 6.000 Metern Höhe vorbereitet, oder beschreibt, wie man in der Wüste dem Tod durch Verdursten entgeht.

"Man braucht nichts anderes tun, als ein Loch zu graben, ungefähr einen Meter tief und eineinhalb Meter breit", beginnt Werner Grubers Tipp. In die Mitte dieses Loches stellt man einen größeren Topf und spannt trichterförmig eine Folie drüber. Untertags erhitzt die Sonne dieses Loch so stark, dass sich Wasser aus dem Sand herauslöst. Dieses kondensiert auf der Oberfläche der Folie und das Wasser tropft in den Topf. "Mit dieser Methode kann man ungefähr zwei bis drei Liter Wasser pro Tag gewinnen. Genau diese zwei bis drei Liter Wasser pro Tag können uns das Leben retten", meint Gruber.

Die Thermodynamik des Kuschelns

Die Überlebensstrategie für die Wüste fällt unter das Kapitel "Physik in Extremsituationen". Des Weiteren gibt es die "Physik der Fortbewegung", die "Physik im Urlaub" oder die "Physik für besondere Anlässe". Darin zu finden ist eine sehr persönliche Art der Wärmelehre. Sein erster Hauptsatz der Kuschellehre besagt:

Die innere Energie eines Kuschelwesens kann durch Streicheln oder durch Schmiegen an ein wärmeres Kuschelwesen erhöht werden.

"Wenn wir gestreichelt werden oder selbst streicheln, führen wir eine Bewegung aus", erklärt Gruber dazu. "Diese Bewegung wird in Reibungswärme umgewandelt und auf der Haut wird uns angenehm warm." Der zweite Hauptsatz der Kuschellehre lautet:

Wärme geht von selbst nur von einem heißeren zu einem kälteren Kuschelwesen über und niemals umgekehrt.

"Wenn wir mit einer Frequenz von 40 Mal pro Minute gestreichelt werden - daran halten sich so ziemlich alle Menschen aus allen Kulturbereichen, sozialen Schichten und religiösen Einstellungen - wird die Bewegungsenergie in Wärmeenergie und damit in Ausschüttung des Kuschelhormons Oxytocin umgewandelt", so Gruber. Der dritte Hauptsatz der Kuschellehre lautet:

Man kann nicht unter -273,15 Grad Celsius kuscheln.

Wahrscheinlichkeitsberechnung für Außerirdische

Auch Freunde komplizierter Formeln und Gleichungen kommen auf ihre Rechnung, etwa wenn es um die Entstehung unseres Sonnensystems geht. Im Jahr 1960 hat Francis Drake die so genannte Greenbank-Gleichung aufgestellt. Damit kann man sich ausrechnen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass es Außerirdische in unserem Sonnensystem gibt. Laut seinen Berechnungen sind es - pessimistischerweise - 5, optimistischerweise 5.000 extraterrestrische Zivilisationen.

Wie viel Garzeit braucht die Gans?

Auch Wissenschaftler haben ihre Präferenzen: Bei Werner Gruber gehört die gute Küche dazu. Seine physikalisch-kulinarische Lieblingsformel ist jene, die berechnet, wie viel Garzeit eine Weihnachtsgans benötigt.

Die Zeit in Minuten ist die 3. Wurzel aus der Masse, also dem Gewicht der Weihnachtsgans in Kilogramm; dies dividiert durch die Materialkonstante 0,0008526 mal (Backrohrtemperatur minus gewünschte Innentemperatur der gefüllten Weihnachtsgans)

"Das Ganze zum Quadrat genommen, damit können wir uns dann die gewünschte Zeit ausrechnen", ergänzt Gruber. "Für eine Gans mit vier Kilogramm ergibt sich bei einer Backrohrtemperatur von 200 Grad eine Zeit von 220 Minuten. Diese Formel ist universell anwendbar, allerdings sollte man nicht vergessen, die Gans zu füllen. Ist sie nicht gefüllt, so ergibt sich noch ein Vorfaktor von zwei Drittel, also die Bratdauer reduziert sich um ein Drittel."

Wissenschaft wird alltagstauglich präsentiert. Schauplätze wie das Casino oder der Würstlstand machen so manche muffige Schulstunde vergessen. Fazit: Experiment gelungen.

Hör-Tipp
Kontext, jeden Freitag, 9:05 Uhr

Download-Tipp
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Buch-Tipp
Werner Gruber, Thomas Wizany, "Unglaublich einfach. Einfach unglaublich. Physik für jeden Tag", ecowin Verlag 2006, ISBN 390240437X