Profunde Ausbildung und vielfältige Praxis
Sirkka Mentlein, Musiktheater-Regie
Sie kommt aus einer Musikerfamilie: Sirkka Mentlein, Jahrgang 1981, die mit Theater- und Musikwissenschaft begonnen hat und seit 2004 Musiktheater-Regie an der Musik-Uni Wien studiert. In Kürze zeigt sie ihre Diplom-Inszenierung von "Dido und Aeneas".
27. April 2017, 15:40
"Mit Musik habe ich mich immer schon beschäftigt, denn ich komme aus einer musikalischen Familie: meine Mutter ist Musiklehrerin, meine Großeltern sind beide Musiker. Ich habe sehr früh zuerst mit Blockflöte, dann mit Klavier und Geige begonnen und später ein Musikgymnasium besucht. Mit 14 begann ich, mich ernsthaft für Theater und Oper zu interessieren. Mit 16 wusste ich, dass ich Opernregie machen will - vieles verändern, um die Oper jung zu machen. Nach der Matura habe ich zunächst das Studium der Theater- und Musikwissenschaft belegt, um den theoretischen Background aufzubauen. Und ich habe sehr viele praktische Erfahrungen gesammelt, war also die meiste Zeit am Theater. Schließlich habe ich beschlossen, Nägel mit Köpfen zu machen - und Regie zu studieren", erzählt Sirkka Mentlein, gebürtige Kielerin, Jahrgang 1981, die seit 2001 Musik- und Theaterwissenschaft an der Universität Wien und seit 2004 nun Musiktheater-Regie bei Didier von Orlowsky an der Musik-Uni Wien studiert und im Juni 2007 abschließen wird.
In Musikwissenschaft arbeitet die junge Nachwuchskünstlerin derzeit an ihrer Diplomarbeit, mit der sie im März 2007 dieses Studium abschließen wird. "Es hat mich weiter gebracht und ich kann daraus sehr viel Know-how für meine Regie-Arbeit beziehen. In meiner Diplomarbeit vergleiche ich die drei zeitgenössischen 'Gesualdo'-Opern von Alfred Schnittke, Franz Hummel und Salvatore Sciarrino, die sich mit der Biografie des Renaissance-Komponisten Carlo Gesualdo beschäftigen, der seine Frau ermordet hat. Und zwar, wie die Figur dieses Komponisten jeweils umgesetzt wurde", erläutert Sirkka Mentlein, die perfekt Italienisch in Wort und Schrift beherrscht.
Klar, verständlich und mit Liebe zum Detail
"Was meine Arbeit kennzeichnet ist, glaube ich, dass ich sehr klar, sehr verständlich inszeniere und ins Detail gehe. Die eigentliche Aussage liegt immer in den kleinen Extras. So ist mir z.B. bei 'Dido und Aeneas' ganz wichtig, die Unüberwindbarkeit ihrer Liebe zu verdeutlichen, daher dürfen sie sich nur für einen kurzen Moment berühren. Sonst gibt es immer Abstand zwischen ihnen", erläutert Mentlein ihre Arbeitsweise.
Arbeit mit Chor als Herausforderung
"Der schwierigste Part an der Opern-Regie ist die Arbeit mit dem Chor, mit dieser Menschenmasse. So habe ich z.B. bei 'Dido' einen 32-köpfigen Laienchor, der noch nie davor auf einer Bühne stand. Ich habe mir viel Zeit dafür genommen, mein Konzept zu erklären, dann Lockerungs- und Schauspielübungen gemacht - den Leuten gezeigt, wie man sich auf einer Bühne bewegt, wie man spricht und mit Interesse zusieht. Diese Facetten von einer Gruppe zu bekommen und ihre Disziplin zu erhalten, das war für mich bisher die größte Herausforderung. Denn bei rund 50 Personen auf der Bühne ist es schwierig, sofort zu sehen, wo wer was wann falsch macht - und wie man es am Besten ändern kann", schildert Mentlein die Problematik bei der szenischen Arbeit.
Umfassende und vielfältige Praxis
Die bisherigen praktischen Erfahrungen der jungen Regisseurin decken ein breites Feld ab - von Fernsehen bis Regieassistenz. So begann sie nach der Matura mit einem Praktikum beim deutschen TV-Magazin "Blickpunkt Hannover" und absolvierte dann ein Praktikum in Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am Theater in der Josefstadt. 2002 machte sie Regiehospitanz bei Joachim Rathke bei Mozarts "Così fan tutte" an der Oper Kiel sowie Regieassistenz und Abendspielleitung bei Donizettis "Il campanello" bei Birgit Kajtna im Schlosstheater Schönbrunn, im Jahr darauf eine Regiehospitanz bei Katja Czellnik bei Brittens "Peter Grimes" an der Komischen Oper Berlin, war dann Produktionsassistentin bei Mozarts "Idomeneo" beim Wiener Klangbogen (Regie: Nicholas Brieger), führte 2004 Co-Regie bei J.B. Staudts "Mulier fortis" am Teatro Filo in Cremona und wirkte bei diversen Uni-Produktionen von Didier von Orlowsky mit.
Zuletzt arbeitete sie im vergangenen Sommer bei der szenischen Mozart-Collage "Tote sind nicht tot" beim Musiksommer Reichenau mit. "Besonders berührt hat mich die Arbeit an 'Peter Grimes' in Berlin, weil es ein sehr intelligentes Konzept war - obwohl es letztlich scheiterte. Beim KlangBogen war ich dann Produktions-Assistentin, stand also auf der anderen Seite. Ich glaube, wenn man Regie macht, sollte man sich mit möglichst vielen Bereichen auseinandersetzen, um wirklichen Einblick zu bekommen", so Mentlein.
"Dido and Aeneas" als Diplom-Inszenierung
Seit dem Vorjahr hat Sirkka Mentlein an der Uni bereits eigene Inszenierungen gemacht: Vivaldis "La Gloria ed Imeneo" und Davies' "Miss Donnithorne's Maggot" sowie Purcells "Dido und Aeneas", ihre Diplom-Inszenierung, die nun am 30. Oktober auf der Neuen Studiobühne Penzing Premiere hat.
"Nach dem 'Wunschkonzert' von Kroetz, einem Schauspiel, habe ich zuerst zwei klein besetzte Opern inszeniert, um das intensive Arbeiten mit den Sängern zu erlernen. Dabei ging es vor allem um Rollengestaltung. Wie bei den anderen Werken geht es auch bei 'Dido und Aeneas' um unerfüllte Liebe. Ich habe mir die Oper angehört - und war begeistert. Denn die Musik, die Gefühle, sind sehr ehrlich - und das fasziniert mich am Meisten."
Freischaffende Regisseurin - mit "Ring" als Ziel
"Nach meinem Abschluss werde ich mich um eine Regieassistenz an einem mittleren Haus bewerben und versuchen, mich dort hochzuarbeiten und eine eigene Inszenierung zu bekommen - also den klassischen Weg gehen", schildert Mentlein ihre künftigen Pläne. Und wie sehen die Zukunftswünsche der ambitionierten Jungregisseurin mit besonderer Affinität zur zeitgenössischen Oper aus?
"Mein größter Wunsch ist, dass ich als freischaffende Regisseurin an größeren Häusern arbeiten kann, man mir viel Vertrauen entgegenbringt und ich erfolgreich bin. Ein Traumziel wäre es, einmal den 'Ring' inszenieren zu dürfen. Schon um ihn von dem Muff zu befreien, mit dem er mitunter noch gezeigt wird. Und ebenso schön wäre es, alle Richard-Strauss-Opern inszenieren zu dürfen", so Sirkka Mentlein.
Kontakt
Sirkka Mentlein
Veranstaltungs-Tipp
Henry Purcell, "Dido und Aeneas", Regie: Sirkka Mentlein, Neue Studiobühne Penzing (1140 Wien, Penzingerstraße 7), Premiere: 30. Oktober 2006, weitere Aufführung: 31. Oktober 2006, Beginn: jeweils 19:00 Uhr
Links
Universität für Musik und darstellende Kunst Wien - Institut für Gesang und Musiktheater
Universität Wien
Komische Oper Berlin
Opernhaus Kiel
Reichenau an der Rax
Schlosstheater Schönbrunn
Teatro Filo di Cremona
Theater in der Josefstadt