Frühjahrspilgerreise zur neuen Musik
Wittener Tage für neue Kammermusik
Donaueschingen und Witten sind Kürzel für zwei der bekanntesten Uraufführungsfestivals Deutschlands. Während die Donaueschinger Musiktage im Herbst vor allem größer besetzte Werke präsentieren, ist in Witten im Frühjahr Kammermusik zu hören.
8. April 2017, 21:58
Das alljährliche Wochenende Ende April in Witten ist gleichsam das kammermusikalische Pendant zur großen deutschen Neue-Musik-Messe Donaueschingen: Witten ist ein Ort der Uraufführungen, aber auch ein Treffpunkt all derer, die sich mit zeitgenössischer Musik beschäftigen.
Wo liegt dieser Ort? Das fragt man sich nicht nur außerhalb Deutschlands. Witten ist ein kleines Städtchen, nicht weit von Dortmund entfernt und alles anderer als kulturell bedeutend.
Gewachsenes Festival mit Ortsverbundenheit
Der künstlerische Leiter des Festivals, Harry Vogt, betont die Vorteile gerade eines solch kleinen Veranstaltungs-Ortes: "Es wird natürlich immer den Charakter einer Fachmesse behalten. Das hätten wir in Köln garantiert nicht. Köln ist viel größer, ein Publikum verläuft sich ganz anders als in Witten. Wenn man in Witten ist, dann geht man auch hierher. Ich denke, diese Festivals gehören auch in die kleinen Orte. Sie sind hier gewachsen und entstanden und wirklich entwickelt worden von."
In den 1930er Jahren rief ein Musikschullehrer dieses Festival für neue Musik ins Leben. Seit 1969 wird es vom WDR (Westdeutschen Rundfunk) veranstaltet. Und alljährlich sind die Konzerte gut besucht.
Experimentelles im Haus Witten
Neben den "traditionellen" Neue-Musik-Konzerten wird speziell das Haus Witten seit mehreren Jahren für diejenigen Experimente, Performances, Installationen und Improvisationen genutzt, für die der konventionelle Konzertsaal nicht die optimale Atmosphäre bietet.
Nicht nur seine intime Atmosphäre, auch die Architektur des Hauses Witten, eines alten Gemäuers, in das innen eine Glasverschalung eingezogen wurde, reizt Performancekünstler und Improvisierende gleichermaßen.
Aktuelle Tendenzen des musikalischen Gestaltens
Wie bei jedem Uraufführungsfestival sind auch die Konzerte in Witten oft von gemischter Qualität. Das eine oder andere Highlight ist jedoch meist darunter.
Und: Hört man so viele neue Werke innerhalb nur eines Wochenendes, so werden immer wieder Strömungen des Komponierens erkennbar; Themen, die nicht vom Kurator initiiert, sondern sich scheinbar zufällig ergebend, von mehreren Komponistinnen oder Komponisten aufgegriffen werden - im vergangenen Jahr war es etwa die Beschäftigung mit altbekannten Formen, dem Präludium (Mischa Käsers "Präludien 1-8") oder dem Kanon (Hans Abrahamsens "Schnee").
Ein Ort der Kommunikation
Nicht vergessen werden darf zudem, dass eine "Fachmesse", wie die Wittener Tage für neue Kammermusik immer wieder auch genannt werden, zugleich auch ein Treffpunkt ist, ein Ort der Kommunikation und des Austauschs von Musikschaffenden, von Interpreten und Schreibenden über Musik und interessierten Hörerinnen und Hörern.
Am kommenden Wochenende, vom 20. bis 22. April, werden wieder alle Unterkünfte in Witten ausgebucht sein, der kleine Ort übervölkert von Neue-Musik-Hungrigen, die innerhalb von nur zweieinhalb Tagen elf Konzerte besuchen werden.
Hör-Tipp
Zeit-Ton, Donnerstag 19. April 2007, 23:05 Uhr
CD-Tipp
"Wittener Tage für Neue Kammermusik 2006", erhältlich beim Kulturbüro des Kulturforums Witten, Bergerstraße 25, 58452 Witten, Bestellung per E-Mail
Veranstaltungstipp
Wittener Tage für Neue Kammermusik 2007, Freitag, 20. bis Sonntag, 22. April 2007, verschiedene Veranstaltungsorte
Links
Wittener Tage für neue Kammermusik 2007
Kulturforum Witten