Ein Leben im Kampf für Menschenrechte

Vaclav Havel ist 70

Der tschechischer Dissident, Dramatiker und ehemalige Staatspräsident Vaclav Havel feiert am 5. Oktober 2006 seinen 70. Geburtstag. Sein Kampf für Bürgerrechte und Demokratie, für den er auch im Gefängnis war, geht nach wie vor weiter.

Vaclav Havel entstammt einer angesehenen Prager Familie, was ihn damals zum "bourgeoisen Klassenfeind" stempelte. Mit der Machtübernahme der Kommunisten in der Tschechoslowakei 1948 wurde Havels Familie enteignet, Vaclav blieb das gewünschte Geschichte- und Philosophie-Studium verwehrt. Er wurde als Chemie-Laborant ausgebildete und schob später als Bühnenarbeiter Kulissen am "Theater am Geländer". Hier begann auch seine Dramatiker-Laufbahn, einige seiner Stücke wurden an diesem Theater aufgeführt.

Mitbegründer der "Charta 77"

1968 wurde Havel zu einem Wortführer für Menschenrechte. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings durch die Truppen des Warschauer Pakts fiel Havel endgültig in Ungnade, über ihn wurde ein Publikations- und Aufführungsverbot verhängt.

Im Untergrund gründete er 1977 gemeinsam mit anderen Aktivisten die Menschenrechtsbewegung "Charta 77". 1979 wurde Havel dafür zu fünf Jahren Haft verurteilt, 1983 kam der gesundheitlich schwer angeschlagene Gefangene frei. Auch 1989, kurz vor dem Fall des Eisernen Vorhangs, musste Havel wieder für einige Monate hinter Gitter.

Präsident zweier Staaten

Noch im selben Jahr, am 29. Dezember 1989, wurde Havel zum tschechoslowakischen Präsidenten gewählt. Der beliebte Staatschef erlebte 1992 eine persönliche Niederlage: Er konnte die Teilung des Staates nicht verhindern. Nachdem das slowakische Parlament im Juni 1992 eine Unabhängigkeitserklärung verabschiedet hatte, trat er zurück. 1993 gewann der "Dichterpräsident" erneut die Wahl und wurde zum ersten Staatschef der Republik Tschechien.

Außenpolitisch scheute er nicht davor zurück, heiße Eisen anzurühren. Er setzte etwa 1997 eine Aussöhnungserklärung zwischen Tschechien und Deutschland gegen innenpolitischen Widerstand durch.

Gegen Atomkraftwerk Temelin

Havel sprach sich auch gegen den südböhmischen "Prestigebau" Temelin aus. Bei Inbetriebnahme des Kernkraftwerks sagte er, es sei sein größter Fehler gewesen, den Atommeiler nicht verhindert zu haben.

Obwohl Tschechien noch kein EU-Mitglied war, unterstützte Havel im Jahr 2000 nach dem Regierungseintritt der FPÖ die Sanktionen der EU-15 gegen Österreich. Havel sah dies als Prinzipien-Frage. Erst unlängst warnte er wieder vor Populismus in Mitteleuropa.

Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst

Seit Vaclav Havel 2003 die Prager Burg verlassen hat, widmet er sich der Literatur, unternahm einige Reisen und setzt sich vor allem öffentlich für Menschenrechte ein. Die Zeit der politischen Umstürze in der postkommunistischen Welt ist noch nicht vorüber, betont er. Für diesen Einsatz erhielt Havel im Vorjahr das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst.

Comeback als Autor

Erst heuer hat Vaclav Havel nach rund 15 Jahren sein Comeback als Buchautor gefeiert. Der 69-jährige Dramatiker präsentierte im Mai auf der Prager Buchmesse ein Werk mit Tagebuch-Auszügen, Notizen und einem umfangreichen Interview. Die deutsche Ausgabe von "Prosim strucne" (etwa: "Bitte kurz und bündig") soll noch im Oktober 2006 erscheinen. Das etwa 250 Seiten starke Werk knüpft an das 1985 entstandene Buch "Fernverhör" an.

Auch für deutschsprachige Leser interessant dürften in "Prosim strucne" die Reflexionen über seine Zeit als Staatsoberhaupt (1989-2003) sein. Das Buch enthält aber auch alltägliche Passagen wie Havels Kummer, dass eines seiner Mittagessen in Deutschland "international nur durchschnittlich", dafür aber "unsinnig umfangreich" war.

Außerdem schreibt Havel an einem neuen Theaterstück. "Es wird sich wie meine früheren Werke mit der menschlichen Identität beschäftigen. In meinem Kopf ist es fertig, ich muss es nur noch aufschreiben", so Havel.

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