Ein Kunstprojekt

"Frauenkunst unter Strafe"

Seit 2004 können die inhaftierten Frauen in der Justizvollzugsanstalt Wien-Favoriten an dem Kunstprojekt "Frauenkunst unter Strafe" teilnehmen. Neben Bühnenproduktionen wurden Hörbücher, T-Shirts, Filme und vieles mehr gestaltet.

Noch etwa fünf Jahre dauert Christines Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Wien-Favoriten, bei guter Führung auch kürzer. Gemeinsam mit zehn anderen Frauen lebt sie in Art Wohngemeinschaft mit gemeinsamer Küche. Es gibt eine Tischlerei im Haus, in der sich Christine in den nächsten Jahren zur Tischlerin ausbilden lassen möchte.

Zur Zeit macht sie einen Computerkurs. Der Alltag ist geregelt, Abwechslung gibt es kaum. Daher musste sie nicht lange überlegen, ob sie mitmachen wollte, als sie vor einem halben Jahr die Chance bekam an einem Theaterprojekt teilzunehmen. Nach anfänglichen Anlaufschwierigkeiten einigten sich die teilnehmenden Frauen auf eine Märchenaufführung: Rapunzel.

Biografische Theaterarbeit

Geleitet wurde das Projekt von Beate Göbel, die Schauspielerin und Regisseurin nennt ihre Arbeit mit den Gefängnisinsassinen: Biografische Theaterarbeit. "Weil etwas persönliches zum Vorschein kommt und in ein kreatives Wachstum geleitet wird. Jede Theaterarbeit löst einen Reflexionsprozess aus und kann zu einer persönlichen Veränderung führen, auch bei mir", meint Beate Göbel.

Bei den bislang drei Projektzyklen in der Justizanstalt wurde schon Einiges kreiert - zusätzlich zu den Theaterproduktionen entstanden Abfallprodukte, wie Beate Göbel sie nennt - nebenbei hergestellte künstlerische Arbeiten, etwa zwei Hörbücher, Bühnenkostüme und so genannte Coverbags, Taschen mit auswechselbaren Vorderseiten.

Ein besonderes Erlebnis

Jeweils drei Monate hatte Beate Göbel Zeit, um mit den weiblichen Häftlingen Theater zu machen. Dass die künstlerische Zusammenarbeit hinter Gefängnismauern stattfand, ist für die Theatermacherin dabei eher nebensächlich.

Ein Erlebnis war auch, das Stück nach wochenlangen Proben vor Publikum zu spielen. Es sei wie bei einem richtigen Theaterabend gewesen, meint Christine. Es gab Kulissen, Kostüme, und auch Einladungen, allesamt selbst gestaltet. Nur das Publikum war ein besonderes, denn es waren Nicht-Gefängnisinsassen unter den Zuschauern.

Im Mittelpunkt steht der Spaß

Als Therapeutin für die Häftlinge möchte sich die Regisseurin Beate Göbel nicht verstanden wissen, eher als Ermöglicherin. Sie helfe den Frauen, aus sich herauszukommen und sich künstlerisch auszudrücken. Im Mittelpunkt steht der Spaß an der Sache.

Einige der, neben der Bühnenproduktion, entstandenen Arbeiten sind zurzeit in der Passagegalerie des Wiener Künstlerhauses zu sehen - frei zugänglich für alle, außer für die beteiligten Künstlerinnen.

Hör-Tipp
Moment - Leben Heute, Mittwoch, 4. Oktober 2006, 17:09 Uhr

Download-Tipp
Ö1 Club-DownloadabonnentInnen können die Sendung nach der Ausstrahlung 30 Tage lang im Download-Bereich herunterladen.

Veranstaltungs-Tipp
"Frauenkunst unter Strafe" , Ausstellung in der Passagegalerie des Wiener Künstlerhauses, bis Donnerstag, 12. Oktober 2006, Wien

Link
Frauenkunst unter Strafe