Die erstaunlichen Eigenheiten des Elements Nr. 14

Silizium

Als reiner Kristall dunkelgrau und matt schimmernd, ist es unter den Elementen eines der prominentesten: Silizium. "Wir alle laufen ständig auf Silikaten herum", meint der Wiener Chemiker und Universitätsprofessor Herbert Ipser.

Ob es sich um den Sand am Strand, um die Steine am Wegesrand, um den Weg selbst, um Berge oder um ganze Kontinente handelt: 95 Prozent des Materials der Erdoberfläche bestehen aus Silikaten, aus Verbindungen des Siliziums. Sie sind das Material der Gebirge des Planeten Erde ebenso wie seiner Ebenen und Küsten.

Noch eine weitere Zahl: 26 Prozent Gewichtsanteil entfällt darin auf Silizium selbst. Anders gesagt: Ein beliebig aufgesammelter Kieselstein von vier Kilogramm Gewicht enthält durchschnittlich ein Kilogramm reines Silizium.

Halb Kristall, halb Metall

Im Periodensystem der Elemente, das die 92 fundamentalen Grundstoffe der Natur systematisch auflistet, trägt Silizium die unscheinbare Nummer 14. Tatsächlich ist diese Zahl aber eine Trennlinie: Stoffe mit höheren Nummern sind Metalle: Eisen etwa, Kupfer, Zinn, Aluminium. Niedrigere Zahlen bezeichnen nicht-metallische Elemente, die bekanntesten: Sauerstoff, Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff.

Silizium steht exakt auf der Trennlinie und wird so zum "Halbe-halbe-Gebilde", zum Bastard gleichsam: halb Kristall, halb Metall. Auch elektrisch ist es ein "Halbleiter": Es leitet elektrischen Strom unter speziellen Bedingungen, und unter noch spezielleren Bedingungen kann man es dazu bringen, ihn bloß in die eine Richtung zu transportieren, in die andere aber nicht. Dies ist die Basis aller unserer elektronischen Geräte, vom Radio über den Fernseher, den CD-Player, das Mobil- wie auch das Festnetztelefon, die Quarzuhr, den Computer und viele andere mehr.

Wichtiges Element der Zukunft

Noch prominenter, als es schon ist, könnte Silizium indes in naher Zukunft werden. Stichwort: Photovoltaik.

Seit dem Jahr 1769, seit James Watt die Dampfmaschine erfand, treibt die fossile Energie aus Kohle, Erdöl und Erdgas unsere technische Zivilisation an. Doch diese einmalig und begrenzt vorhandenen Energieträger gehen irgendwann zur Neige. Das wird nicht so rasch passieren, wie manche Weltuntergangs-Propheten immer wieder behaupten. Doch an sich ist es unvermeidlich.

Die einzige sich heute konkret abzeichnende Alternative zu fossilen Energieträgern ist die Nutzung von Sonnenenergie, die direkte Umwandlung der Strahlung der Sonne in elektrischen Strom. Das ist dank des "lichtelektrischen Effekts" möglich, den Albert Einstein im Jahr 1905 erstmals beschrieb. Der Jahrtausend-Physiker erhielt seinen Nobelpreis übrigens für diese Arbeit, die zugleich die moderne Quantentheorie begründete - nicht für die Relativitätstheorie, wie manche meinen.

Silizium und Sonnenenergie

Und nun kommt Silizium ins Spiel: Die gleiche, besondere Konfiguration, die das Element Nr. 14 zum Halbleiter macht, macht es auch zu einem der effizientesten photovoltaischen Materialien: Mit Licht bestrahlt, kann es Elektronen frei setzen - elektrischen Strom produzieren.

Das funktioniert auch, wie wir alle wissen: Solarzellen aus Silizium tun heute in Uhren und Taschenrechnern ebenso ihre Dienste wie auf der ISS, der internationalen Weltraumstation. Der Haken dabei: Ihre Energiebilanz ist negativ - die Herstellung der photovoltaischen Paneele verbraucht mehr Energie, als diese über ihre Lebensdauer hinweg liefern.

Wissenschafter und Techniker werden dieses Problem lösen müssen. "Wir werden es lösen", ist der Chemiker Herbert Ipser von der Universität Wien überzeugt. Denn andernfalls droht der Menschheit nach dem Ende der fossilen Energieträger buchstäblich der Rückfall ins Zeitalter der Postkutsche und des Kerzenlichts. Das sollte Motivation genug sein.

Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 2. Oktober, bis Donnerstag, 5. Oktober 2006, 9:30 Uhr

Download-Tipp
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