Heinz-Horst Deichmann, Missionar und Schuhfabrikant

Geschäftstüchtig und bibelfest

Mehr als 101 Millionen Paar Schuhe pro Jahr verkauft die Deichmann-Gruppe derzeit in rund 2.100 Filialen in Europa und den USA. Der Konzern wird nach streng christlichen Grundsätzen geführt, denn sein Chef ist überzeugter evangelischer Christ.

Was ist dem erfolgreichen Unternehmer am wichtigsten?

"Am Ende meines Lebens wird Gott mich nicht fragen, wie viele Schuhe ich verkauft habe. Er wird wissen wollen, ob ich wie ein wahrer Christ gelebt habe", sagt der Unternehmer Heinz-Horst Deichmann aus Essen.

Der fromme und erfolgreiche Senior-Chef der Firma "Deichmann Schuhe" hat in den vergangenen Jahrzehnten auf leisen Sohlen Europas größte Schuh-Einzelhandelskette auf die Beine gestellt. Am 30. September feiert er seinen 80. Geburtstag.

Agil und sozial bis ins hohe Alter

Feiern will Heinz-Horst Deichmann seinen runden Geburtstag zu Hause in seiner Villa in Velbert, südlich von Essen. Dort verweilt er jedoch sonst erstaunlich wenig, denn der umtriebige Unternehmer ist nach wie vor gut sechs Monate im Jahr unterwegs - sowohl für sein Schuhimperium als auch für sein soziales Engagement.

Für seine christlich-missionarischen Projekte gibt der erfolgreiche Schuhfabrikant jährlich viele Millionen Euro aus. So hat er unter anderem das Sozialwerk "Wort und Tat" gegründet, von dem zehntausende Menschen beispielsweise in Indien durch den Bau von Schulen und Krankenstationen profitieren.

Heinz-Horst Deichmann, der als Hobbys Bergsteigen, Skilaufen und Geigenspiel angibt, ist auch studierter Chirurg und Orthopäde. Firmenintern wird er deshalb meist nur "der Doktor" genannt.

Das Familien-Unternehmen

Die Deichmanns gehören seit mehreren Generationen einer evangelischen Freikirche mit allgemeinem Priestertum an. Auch Heinz-Horst Deichmann predigt regelmäßig. Er kam 1926 als einziger Sohn und fünftes Kind des Schuhhändlers Heinrich Deichmann zur Welt. Den Vornamen seines Vaters gab er später zusammen mit seiner Frau Ruth auch seinem - neben drei Töchtern - einzigen Sohn, der seit 1999 Vorsitzender der Geschäftsführung ist und das Tagesgeschäft verantwortet.

Nach dem frühen Tod des Vaters führte zunächst die Mutter des heutigen Senior-Chefs das Geschäft im Essener Stadtteil Borbeck. Heinz-Horst besuchte die Oberschule, musste im Krieg ein Notabitur ablegen und wurde 1943 als Flakhelfer eingezogen: "Wir hatten Abscheu vor den Nazis und der SS", erinnert sich Deichmann. 1944 musste er an die Ostfront. Im Frühjahr darauf wurde er mit einem Halsdurchschuss schwer verwundet. Zum Kriegsende kehrte er nach Essen zurück, holte das reguläre Abitur nach und studierte Theologie und Medizin. Daneben behielt er jedoch auch das elterliche Schuhgeschäft im Auge, das er dann Mitte der 1950er Jahre übernahm.

Sein Weg zum Erfolg

Der erste Wühltisch hielt bald Einzug bei Deichmann. Zudem präsentierte der findige Unternehmer sein Sortiment gut sichtbar auf so genannten Vorwahlständern. Neuartig war auch die Idee Deichmanns, Kundenwünsche systematisch zu erfassen und das Schuh-Sortiment in alltagsnahe Gruppen zu unterteilen, die bei seiner Einkaufspolitik halfen.

Das Deichmann-Konzept lautete bereits früh, breiten Käuferschichten gute Schuhe zu einem günstigen Preis anbieten zu wollen. Anfang der 1970er Jahre begann dann sein Engagement im Ausland. Dabei wurden die alten christlichen Grundsätze nicht nur beachtet, sondern auch zum Wohl der Firma umgesetzt: "Wir wissen, dass zufriedene Mitarbeiter für ein gutes Kundenservice unerlässlich sind“, lautet bis heute ein Leitsatz des Familienunternehmens.

2.100 Filialen in 13 Ländern

Im vergangenen Jahr hat Europas größter Schuhhändler mehr als 101 Millionen Paar Schuhe verkauft. Es war ein Rekordjahr mit einem Umsatz von 2,5 Milliarden Euro. Mit knapp 1,2 Milliarden Euro wurde weniger als die Hälfte des Umsatzes in Deutschland erwirtschaftet.

Insgesamt 24.000 Mitarbeiter hat Inzwischen die Deichmann-Gruppe, zu der neben der Kette gleichen Namens auch "Roland" und "Dosenbach" in der Schweiz gehört. Nach der Expansion in Deutschland, wo sich die Zahl der Mitarbeiter im vergangenen Jahr um 900 Beschäftigte auf 12.900 erhöhte, ist auch künftig eine verstärkte internationale Ausrichtung geplant. Derzeit hat das Unternehmen rund 2.100 Filialen in 13 Ländern. Das eintausendste Deichmann-Geschäft in Deutschland ist kürzlich am 27. September in Hamburg eröffnet worden.

Code of Conduct

Bei den Deichmanns gehört neben dem christlich-missionarischen Engagement in der Dritten Welt auch eine gute Versorgung der Mitarbeiter zum Konzept. Dazu zählen ein Betriebspensionssystem sowie kostenlose Gesundheitswochen für Mitarbeiter in der Schweiz.

Das Unternehmen hat zwar feste Partner, aber keine eigenen Fabriken. Aufträge zur Schuherzeugung werden in etwa 40 Länder, viele davon in Asien, vergeben. Die Arbeitsbedingungen werden durch einen so genannten "Code of Conduct" und regelmäßige Kontrollen überprüft. Dieser Verhaltenskodex umfasst unter anderem auch ein Verbot der Kinderarbeit ebenso wie ausreichende Entlohnung, eine maximale Arbeitszeit von 48 Stunden pro Woche bis hin zu umweltgerechter Produktion.

Gewinnmaximierung kein Selbstzweck

Der im Jänner verstorbene deutsche Bundespräsident Johannes Rau sagte einmal über Deichmann: "Diesen Mann bewegt der geschäftliche Erfolg; diesen Mann bewegt, dass das nicht nutzlos sein darf, was man wirtschaftlich unternimmt." So steht es auch in einem Buch über das Leben von Heinz-Horst Deichmann, das rechtzeitig zum 80. Geburtstag vor ein paar Tagen erschien. Deichmann selbst sagt: "Was Gott mir an Gaben und Geschäften gegeben hat, ist mir zu Diensten für andere anvertraut."

Sein Verhältnis zu wirtschaftlichem Erfolg und zum kaufmännischen Gewinn umreißt der erfolgreiche Geschäftsmann so: "Der Gewinn muss ausreichen, das Wachstum des Unternehmens finanzieren zu können, aber nicht nur: Er ist dazu da, zum Wohl des Unternehmens und der Menschen eingesetzt zu werden".

Hör-Tipp
Saldo, Freitag, 29. September 2006, 9:45 Uhr.
Die Wiederholung eines Interviews vom 25. März 2005 anlässlich seines 80. Geburtstages

Download-Tipp
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Deichmann Gruppe