Im Rhythmus des Körpers
Leben mit der inneren Uhr
Die Chronobiologie erforscht den zeitlichen Zusammenhang zwischen Physiologie und Verhalten. Ein Teil dieser Disziplin beschäftigt sich mit der inneren Uhr des Menschen. Welche Auswirkung kann etwa die Prägung als Früh- oder Abendmensch haben?
8. April 2017, 21:58
Expertenmeinungen zum Körperrhythmus
Die ersten Untersuchungen zur Erforschung der biologischen Rhythmen des Menschen wurden bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchgeführt. Die Wissenschaftsdisziplin, die sich daraus entwickelt hat, ist die so genannte Chronobiologie.
Unser gesamtes Leben ist in Rhythmen verschiedenster Längen unterteilt. Diese Rhythmen, nämlich Aktivität und Regeneration, sind im Idealfall ein harmonischer Kreislauf. Würden wir demnach mehr mit der inneren Uhr leben, dann wären wir sowohl körperlich als auch geistig leistungsfähiger.
Aber auch wenn man krank ist, kann die innere Uhr genutzt werden. Medikamente wirken zum Beispiel zu verschieden Zeiten besser, während sie zu anderen Zeiten eine schlechtere Wirkung entfalten. Angewandt werden diese Erkenntnisse zum Beispiel in der Krebstherapie. Um Wirkstoffe zu optimieren, werden dort bestimmte Medikamente nur zu bestimmten Zeiten verabreicht.
Zwei gegensätzliche Zustände
Ausgelöst werden die Rhythmen durch die ständige Wiederholung von zwei sich gegenseitig ausschließenden Zuständen. Leben äußert sich, ganz allgemein, durch Aktivität. Da aber kein Organismus ständig aktiv sein kann, bedarf es auch einer Regenerationsphase.
Beide Zustände gleichzeitig, nämlich Aktivität und Regeneration, schließen sich gegenseitig aus. Deshalb gibt es zwei Phasen: eine aktive und eine passive. Der ständige Wechsel zwischen diesen beiden ergibt einen Rhythmus. Je nach dem, in welchem Abstand sich ein Zustand wiederholt, unterscheidet man zwischen verschiedenen Rhythmus-Arten.
Hoch- und Tiefpunkte
Zirkadianen Rhythmen beschrieben einen rund 24-stündigen Rhythmus. Davon betroffen ist zum Beispiel der Schlaf-Wach-Rhythmus, die Körpertemperatur, oder die Hormonproduktion. Sie alle durchlaufen, innerhalb etwa eines Tages nur einen einzigen absoluten Hoch- und einen einzigen, absoluten Tiefpunkt.
Eine höhere Frequenz haben die so genannten ultradianen Rhythmen. Diese beschreiben jene Aktivitäten, die sich in der Regel mehrmals täglich wiederholen. Neben dem Essen und Trinken sind diesem Rhythmus zum Beispiel auch die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit oder die Aktivität der Blase unterworfen.
Reaktionsrhythmen
Bei Rhythmen, die länger als in 24-Stunden-Intervallen auftreten, spricht man von ifradianen Rhythmen. Diesen folgen, vermutet man, manche Krankheiten. So scheinen Infektionen mit Fieber, aber auch das Immunsystem einem Sieben-Tages-Rhythmus zu gehorchen. Zu gehäuften Abstoßungsreaktionen, nach Operationen kommt es zum Beispiel, vor allem am 7. am 14. und am 21. Tag.
Die infradianen Rhythmen sind so genannte Reaktionsrhythmen. Also Rhythmen, die nicht aus dem Organismus heraus reagieren, sondern durch einen äußeren Reiz, zum Beispiel durch eine Infektion, quasi initiiert werden.
Gesteuert werden all diese Abläufe durch ein kompliziertes Zusammenspiel aus zentralen Rhythmusgebern und dem jeweiligem Eigenrhythmus. Aktiviert werden die innern Organe des Menschen aber auch durch Hormone. Diese übertragen Informationen von einem Organ zum anderen oder von einem Gewebe zum anderen.
Individuelle Aufstehzeit
Ein Eiweißstoff ist dafür verantwortlich, ob wir Früh- oder Abendmenschen sind. Die Schlaflänge ist dabei unabhängig davon, ob jemand zum einen, oder zum anderen Typus tendiert. Würde die Schule um 9:00 Uhr morgens beginnen, dann brächte das, aus chronobiologischer Sicht viele Vorteile: Weil das menschliche Wachstum ausschließlich im Schlaf passiert und hier vor allem, in der zweiten Nachthälfte, bleiben Kinder die zu früh geweckt werden, tendenziell kleiner also ihrer Altersgenossen, die rund zwei Stunden länger schlafen. Das behauptet Jürgen Zulley, Leiter des schlafmedizinischen Zentrums der Psychiatrischen Universitätsklinik Regensburg.
Gegen die innere Uhr leben auch viele Erwachsene. Denn ein Großteil von uns beginnt den Tag im Morgentief, um vor dem Mittagshoch auf Pause zu gehen. Während wir im Nachmittagstief mit der Arbeit beginnen, hören wir ausgerechnet dann auf, wenn wir wieder mehr leisten könnten.
Taktgeber Licht und Lebensalter
Neben diesen genetisch bedingten Faktoren spielt auch die Lichtsituation eine entscheidende Rolle. Ist es draußen hell, wachen wir früher auf. Ist es draußen noch dunkel, schlafen wir länger.
Einen nicht unwesentlichen Einfluss auf unsere Aufstehzeiten hat auch das Lebensalter. Dabei gilt die Regel: Wir werden als Morgenmenschen geboren. Während der Jugend werden wir zu Abendmenschen. Ab dem cirka 20. Lebensjahr bis ins hohe Alter hinein werden wir immer mehr wieder zu Morgenmenschen, also zu Frühaufstehern.