Erste Amerikanerin in Bayreuth

Opernsängerin Astrid Varnay gestorben

Die Opernsängerin Astrid Varnay ist 88-jährig in München verstorben. Sie galt als eine der größten Wagner- und Strauss-Interpretinnen. Als erste Amerikanerin sang sie 1951 bei den Bayreuther Festspielen, die sie fast zwei Jahrzehnte lang mitprägte.

"Ich hatte eine durchdringende Stimme."

Astrid Varnay, eine der größten Wagner- und Strauss-Interpretinnen, ist am Montag 88-jährig in München verstorben. Als Tochter eines ungarischen Tenors und einer Koloratursopranistin wurde Varnay in Stockholm geboren, wo ihr Vater Sänger und Regisseur am Königlichen Opernhaus war. Ihre Mutter und Hermann Weigert, den sie später heiratete, waren ihre wichtigsten Lehrer auf dem Weg zur hochdramatischen Wagnersängerin.

1941 sprang sie für Lotte Lehmann als Sieglinde in der "Walküre" an der New Yorker Met ein, später war sie die Brünnhilde und die Isolde in Bayreuth, Mailand, London, Wien, München und allen anderen internationalen Musikzentren.

Bayreuth mitgeprägt

Astrid Varnay war Mitgestalterin Neu-Bayreuths. Mit ihrem dramatischen, dunklen Timbre hat die Sopranistin in fast zwei Jahrzehnten die Bayreuther Festspiele entscheidend mitgeprägt.

Noch bis vor einigen Jahren war die weltberühmte Opernsängerin auf der Bühne gestanden und hatte auch mit ihrer darstellerischen Kunst wie in der Rolle der Amme in Modest Mussorgskijs Volksdrama "Boris Godunow" am Münchner Nationaltheater geglänzt.

Karrierstart in den USA
Die in Stockholm geborene Astrid Ibolyka Maria Varnay, Tochter einer ungarischen Sängerfamilie, begann ihre Karriere in den USA, wohin die Familie 1920 ausgewandert war. 1941 gelang ihr der Sprung an die Metropolitan Opera New York, als sie für die erkrankte Lotte Lehmann die Sieglinde in Wagners "Walküre" übernahm.

Schon bald wurde sie zu den herausragendsten Wagner-Interpretinnen ihrer Zeit gezählt, machte sich aber ebenso einen Namen als Sängerin in Werken von Richard Strauss. Ihren ersten Auftritt in Europa hatte sie nach dem Krieg unter anderem bei einem Gastspiel an der Covent Garden Opera in London.

Triumph als Ortrud
Als erste Amerikanerin - sie hatte 1943 die US-Staatsbürgerschaft angenommen - sang Varnay 1951 bei den Bayreuther Festspielen (Brünnhilde) und trat dort bis 1968 jedes Jahr auf. Auf dem Grünen Hügel feierte sie in der Partie der Ortrud Triumphe. Allein diese Rolle sang sie weit über 100 Mal, als "Walküre" stand sie knapp 140 Mal auf der Bühne.

Oft zitiert wird in diesem Zusammenhang Wieland Wagners Antwort, als er auf die Kargheit seiner Bühnenausstattung für den "Ring des Nibelungen" angesprochen wurde: "Wozu brauche ich einen Baum auf der Bühne, wenn ich Astrid Varnay habe."

Übersiedelung nach Europa
Nach dem Tod ihres Lehrers und Ehemanns Hermann Weigert übersiedelte Varnay 1955 endgültig nach Europa und nahm in München ihren Wohnsitz. Von dort aus startete sie seit 1970 eine zweite internationale Karriere.

Mit ihrer reicheren, dunkleren Stimme sang sie verstärkt Strauss-Partien wie Klytämnestra in "Elektra", Herodias in "Salome" und die Amme in "Die Frau ohne Schatten".

Als Höhepunkt ihrer Laufbahn hat Astrid Varnay, die 1967 zur Bayerischen Kammersängerin ernannt worden war, einmal ihre Rolle in der "Elektra"-Inszenierung bei den Salzburger Festspielen des Jahres 1964 unter Herbert von Karajan genannt.

Die Staatsopern-Rollen
Ihr Debüt an der Wiener Staatsoper feierte die Sängerin im Februar 1965 als Isolde, ihre letzte Rolle im Haus am Ring war die Kabanicha in "Katja Kabanowa" im Jahr 1975.

Ihre weiteren Rollen in Wien: Claire Zachanassian ("Besuch der alten Dame"), Santuzza, Klytämnestra, Elektra, Küsterin ("Jenufa"), Ortrud, Kundry, Brünnhilde und Herodias.

Langjährige Gesangspädagogin
Lange Jahre blieb Varnay darüber hinaus dem Nachwuchs als Musikpädagogin verpflichtet. In ihren letzten Lebensjahren hat sie mit ihrem großen Können und Wissen nur noch hin und wieder früheren Schülern geholfen.

"Ich habe so viel zu tun, dass ich noch nicht einmal dazu komme, alle Bücher zu lesen, die ich gesammelt habe", sagte sie aus Anlass ihres 85. Geburtstages im Jahr 2003.

Ihre Lebenserinnerungen "Hab mir's gelobt" wurden von der Kritik hoch gelobt - ein Musterbeispiel einer Sängerbiografie, die ein ganzes Jahrhundert Operngeschichte lebendig werden lässt, waren doch auch ihre Eltern schon Opernsänger und haben mit den größten Berühmtheiten ihrer Zeit gesungen.

Hör-Tipp
Österreich 1 ändert in memoriam Astrid Varnay sein Programm:
Apropos Oper, Dienstag, 5. September 2006, 15:06 Uhr

Buch-Tipp
Astrid Varnay, "Hab mir's gelobt - 55 Jahre in 5 Akten", Henschel, ISBN 3894872675

Links
Wikipedia - Astrid Varnay
Bayreuther Festspiele
Royal Opera
The Metropolitan Opera
Teatro alla Scala
Bayerische Staatsoper
Wiener Staatsoper