Werk aus der größten Lebenskrise des Komponisten

Tschaikowskys Puschkin-Oper

Im Jahr 1877, der Zeit seiner schwersten Krise, begann Peter I. Tschaikowsky mit der Arbeit an seinem "Eugen Onegin". Entstanden ist das Werk nach dem berühmten Versroman von Alexander Puschkin. Ö1 sendete eine Aufführung der Covent Garden Opera.

Alexander Sergejewitsch Puschkin (1799-1837), der aus einem alten Adelsgeschlecht stammte, gilt nicht nur als eigentlicher Begründer der russischen Literatursprache, sondern auch als der wichtigste und vielseitigste russische Schriftsteller überhaupt.

Seine epischen und lyrischen Dichtungen, Dramen, Romane und Erzählungen, allen voran sein 1833 veröffentlichter Versroman "Eugen Onegin", waren für die russische Literatur von grundlegender und richtungweisender Bedeutung.

Roman 1833 veröffentlicht

Puschkin begann mit dem Verfassen seines Hauptwerkes "Eugen Onegin" 1823, zehn Jahre später wurde es veröffentlicht. Der Roman schildert die Lebens- und Liebesgeschichte des ironisch betrachteten Titelhelden mit seiner "vor der Zeit gealterten Seele" im Kontext eines realistischen zeitgenössischen Hintergrunds. Damit hatte Puschkin die idealistisch überhöhend argumentierende Literatur-Tradition der Epoche endgültig überwunden. Obwohl das Werk in Versen geschrieben ist, gilt es als erster großer Roman in der russischen Literatur.

Autoren wie Michail Lermontow, Iwan Turgenjew oder Leo Tolstoj verdanken Puschkin entscheidende Impulse - sowohl stilistisch, als auch durch die Einführung der Figur des "überflüssigen Menschen". Der bedeutende russische Literaturkritiker Wassarion Belinskij bezeichnete den Versroman als "Enzyklopädie russischen Lebens".

Tschaikowskys Oper nach Puschkin

"Ich suche ein intimes, aber starkes Drama, das auf Konflikten beruht, die ich selber erfahren oder gesehen habe, die mich im Innersten berühren können", schrieb Peter Tschaikowski an den Musiker und Komponisten Sergej Tanejew.

Und 1877, dem Jahr seiner schwersten Krise, beginnt Tschaikowsky mit der Arbeit an der Oper "Eugen Onegin" nach Puschkins Roman, der er den Untertitel "Lyrische Szenen" gibt. Damit verzichtet er bewusst auf eine verzweigte Handlung, auf Exotik und pathetischen Ausdruck sowie auf die sonst üblichen "Opern-Ingredienzien" wie Gift, Intrige und Mord. Das Werk wird 1879 am Moskauer Maly Theater uraufgeführt.

Eine verhängnisvolle Ehe

Im Juli 1877 heiratet Tschaikowsky überstürzt - offenbar, um Gerüchte über seine angebliche Homosexualität zum Schweigen zu bringen - Antonina Iwanowna Miljukowa. Das Eheleben bereitet ihm aber bereits in den ersten Tagen solche Probleme, dass er am 7. August vor seiner Frau nach Kamenka flieht, wo er mit seiner Arbeit am "Eugen Onegin" beginnt.

Am 6. Oktober erleidet er schließlich in Peterburg einen Nervenzusammenbruch. Seine Ehefrau sieht er übrigens nicht mehr wieder, obwohl die Ehe bis zum seinem Tod nicht geschieden wird.

Drei Tragödien in drei Akten

Die Librettisten gingen mit der strengen Auswahl weniger Passagen aus der Versvorlage sogar noch einen Schritt weiter als der Dichter:

Steht bei Puschkin vor allem das Denken und Fühlen seines Titelhelden im Zentrum, entstehen bei Tschaikowski und Konstantin S. Schilowski emotionale Momentaufnahmen dreier Protagonisten - die Oper vereint drei in sich abgeschlossene Tragödien.

Mehr zu Philippe Jordan in oe1.ORF.at

Hör-Tipps
Peter Iljitsch Tschaikowsky, "Eugen Onegin", Samstag, 2. September 2006, 19:30 Uhr

Opernwerkstatt, Sonntag, 3. September 2006, 15:06 Uhr

Links
Wikipedia - Alexander Sergejewitsch Puschkin
Wikipedia - Pjotr Iljitsch Tschaikowski
Russisches Musikarchiv - Tschaikowski-Werkverzeichnis
Royal Opera House Covent Garden