Die lyrische Sopranistin und der Heldenbariton
Evelyn Lear und Thomas Stewart 80
Sie kamen beide aus anderen Richtungen und entschlossen sich zu einer Sänger-Karriere: Evelyn Lear und Thomas Stewart, die beide nun 80 sind. Der Durchbruch gelang dem amerikanischen Sänger-Ehepaar - als Sopranistin und Heldenbariton - in Europa.
8. April 2017, 21:58
Sie gelten als eine der langlebigsten amerikanischen Musik-Partnerschaften: das Sänger-Ehepaar Evelyn Lear und Thomas Stewart, beide Jahrgang 1926, beide dieses Jahr also 80 Jahre alt. Während die Lear bereits im Jänner ihren 80er gefeiert hat, ist es bei Thomas Stewart heute, am 29. August, so weit.
Evelyn Lear stammt aus einem hochmusikalischen Umfeld. Ihr Großvater war der 1874 in der Ukraine geborene Savel Kwartin, ein zu seiner Zeit sehr bekannter Kantor, der eine Zeitlang auch in Wien und Budapest gewirkt hat, bevor er 1919 in die USA ausgewandert ist. Er hat auch selbst jüdische Sakralmusik geschrieben, bei Konzerten aber ebenso weltliche Musik (vor allem Oper) gesungen und auch eine Reihe von hochinteressanten Platten hinterlassen.
Vom Instrumental-Studium zum Koloratursopran
Seine Tochter wurde Koloratursopranistin, hat einen Juristen namens Schulmann geheiratet und aus dieser Verbindung stammt Evelyn Lear. Sie hat anfänglich Klavier und Horn studiert, dann aber zum Gesang gewechselt und schließlich die berühmte New Yorker Julliard School besucht, wo sie auch ihren späteren Mann Thomas Stewart kennen gelernt hat.
Von Elektrotechnik zum Gesang
Er stammt aus Texas, studierte zunächst Mathematik und Elektrotechnik, entschied sich aber letztlich aber auch für eine Gesangskarriere. 1954 sang er, noch als Student, in der amerikanischen Erstaufführung des "Capriccio" von Richard Strauss den La Roche.
Im gleichen Jahr fand sein offizielles Debüt an der New York City Opera statt, ebenfalls im Bassfach. Und 1957 verkörperte er in Chicago sogar an der Seite von Maria Callas den Raimondo in Donizettis "Lucia di Lammermoor".
Wechsel nach Europa
Dennoch, sowohl seine, wie auch die Karriere von Evelyn Lear, die inzwischen seine Frau geworden war, wollte in der amerikanischen Heimat nicht recht vom Fleck kommen. Also gingen die beiden auf Anraten des damaligen Direktors der Julliard School nach Europa.
Sie inskribierten 1957 an der Berliner Hochschule für Musik - und waren bereits wenig später beide stolze Mitglieder der Städtischen Oper, die bald zur Deutschen Oper Berlin mutierte.
Durchbruch als Lulu und als Wotan
Der große Durchbruch gelang Evelyn Lear vor allem im sogenannten interessanten Fach, namentlich als "Lulu in der gleichnamigen Oper von Alban Berg, während sich Thomas Stewart in erster Linie dem Wagner-Repertoire zuwandte und rasch zu einem etablierten Star in Bayreuth wurde.
Herbert von Karajan holte ihn als Wotan für seinen "Ring", der zweifellos auch zum Höhepunkt in der Diskografie von Thomas Stewart wurde, die nur aus heutiger Sicht eher bescheiden wirkt. Insbesondere zusammen mit Evelyn Lear kamen eine Reihe interessanter Plattenprojekte zustande, nicht nur auf dem Opern-, sondern ebenso am Konzert- und Liedersektor.
Vielseitiges und aktives Künstlerpaar
Bis etwa Mitte der 1980er Jahre zählte das Ehepaar zur internationalen Sänger-Prominenz, in Wien allerdings haben sich die beiden eher rar gemacht.
Eine unlängst bei der Deutschen Grammophon, ihrem bevorzugten Platten-Label, erschienene 5-CD-Box bietet einen eindrucksvollen Überblick über die Vielseitigkeit dieser beiden Künstler, die auf pädagogischen Gebiet bis heute aktiv geblieben sind.
Hör-Tipp
Apropos Oper, Dienstag, 29. August 2006, 15:06 Uhr
Links
Evelyn Lear and Thomas Stewart
The Juilliard School
Herbert von Karajan
Deutsche Oper Berlin
Lyric Opera of Chicago
Bayreuther Festspiele
Metropolitan Opera
Wiener Staatsoper
Osterfestspiele Salzburg
Deutsche Grammophon