Aktivitäten der Österreich-Kooperation in Bosnien

Islam und Moderne in Bosnien

Bosnien-Herzegowina war seit jeher ein Land mit multikultureller, multiethnischer und multireligiöser Gesellschaft. Durch seine geografische Lage und die gemeinsame Geschichte mit Österreich-Ungarn ist Bosnien ein Begegnungsort von Religion und Moderne.

Enver Ferhatovic vom International Forum Bosna

Bosnien-Herzegowina hat eine bewegte Geschichte, deren Zeugnisse überall im Land anzutreffen sind - etwa massive steinerne Grabmale früher christlicher Gemeinden. Die Grabstätten wurden um das 11. oder 12. Jahrhundert angelegt, ihre geheimnisvollen Symbole geben bis heute Rätsel auf.

Herrschaft der "Hohen Pforte"

Mitte des 15. Jahrhunderts wurden Bosnien und die Herzegowina von den türkischen Osmanen eingenommen. Bis zur Okkupation durch Österreich-Ungarn im Jahre 1878 blieb das Land unter der Herrschaft der "Hohen Pforte" in Istanbul.

Aus dieser Zeit stammen zahlreiche Baudenkmäler wie Moscheen und Brunnen, traditionelle Raststätten und Bürgerhäuser, Bibliotheken und theologische Schulen. Es sind zwar typisch islamische Bauwerke, sie weisen jedoch einen für Bosnien spezifischen und der Landschaft angepassten Charakter auf.

Tradition des mystischen Islam

Eine lange Tradition hat in Bosnien der mystische Islam, der Sufismus. Ein fast 400 Jahre altes Bethaus der Sufis in Sarajevo, die Sinanova Tekija, ist mit faszinierenden Schrift-Ornamenten geschmückt.

Veränderungen während der Donau-Monarchie

1908 erfolgte die Annexion Bosnien-Herzegowinas durch die Donau-Monarchie. Die vier Jahrzehnte innerhalb des österreichischen Vielvölkerstaates brachten große Veränderungen für das Land und seine Menschen mit sich. Die Behörden der Monarchie förderten die Institutionalisierung des Islam und die Modernisierung der religiösen Einrichtungen.

Nicht alles stieß bei den bosnischen Muslimen gleich auf Gegenliebe. Andererseits erlangten sie nach dem Rückzug der Osmanen eine innere Autonomie, welche zu einem modernen Religionsverständnis führte. Heute betrachten bosnische Intellektuelle dies als entscheidend, dass der Islam im ehemaligen Jugoslawien erhalten blieb.

Das Leben in einer säkularen Gesellschaft ist den bosnischen Muslimen daher nicht fremd, und ihre Erfahrungen sind für die Integration der Muslime im heutigen Europa von Bedeutung.

Moderner Islam in Sarajevo

Viele Bosnierinnen waren schon vor dem Krieg in der Frauenbewegung aktiv, die jetzt eine wichtige Rolle für die Versöhnung zwischen Ethnien und Religionen spielt. Der Dekan der Islamisch-Theologischen Fakultät der Universität Sarajevo vertritt einen bewusst modernen Islam, und der Ra'is al-Ulama, oder Großmufti, repräsentiert die moderate Haltung der bosnischen Muslime.

Das Fakultätsgebäude stammt übrigens aus der Zeit Österreich-Ungarns, es ist ein Meisterwerk im pseudomaurischen Stil, entworfen von einem österreichischen Architekten.

Zusammenarbeit mit Österreich

Die bosnischen Universitäten sind bereits in das neue gesamteuropäische Hochschulkonzept eingebunden, das Studium ist nach dem so genannten "Bologna-Prozess" strukturiert.

Die wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit zwischen Österreich und Bosnien-Herzegowina wird durch die Österreich-Kooperation in Wissenschaft, Bildung und Kultur gefördert, die im Juni 2006 an der Juridischen Fakultät der Universität Sarajevo ein Büro eröffnete.

Hör-Tipp
Dimensionen, Donnerstag, 24. August 2006, 19:05 Uhr

Download-Tipp
Ö1 Club-DownloadabonnentInnen können die Sendung nach Ende der Ausstrahlung 30 Tage lang im Download-Bereich herunterladen.

Links
WKO.at - Bosnien Herzgowina
Österreich Kooperation
International Forum Bosna
Zene Zenama Sarajevo
Peace Connection Mostar 3000
Association Bosnia and Hercegovina 2005