Alpbacher Architekturgespräche 2006
Die Uniformierung unserer Städte
Planungsexperten und Architekten haben beim Europäischen Forum Alpbach vor einer weltweiten Uniformierung der Städte gewarnt.
8. April 2017, 21:58
Durch globale Handelsketten, internationale Investoren und Konzerne würden die kulturellen Identitäten der Städte verdrängt, sagte der Innsbrucker Architekten Christoph Achammer am Freitag bei den Alpbacher Architekturgesprächen. Die Experten fordern deshalb ein legistisches Eingreifen, appellieren aber auch an die Handelsketten, sich durch individuelle Geschäfte interessanter zu machen.
Chaotische Zustände
Die Präsidentin der Belgrader Stadtplanung berichtete von einer Reihe illegaler Gebäude. Große Einkaufszentren seien alleine als "Zeichen der Konsumgesellschaft und des Reichtums" errichtet worden. Ebenso der Hauptarchitekt von Bratislava, Stefan Slachta: Familien seien an den Rand der Städte gewandert, wo unkontrolliert und unvorbereitet Einfamilienhäuser und Hochhäuser ebenso aus dem Boden geschossen seien, wie Shopping-Center mit großflächigen Parkplätzen.
Unästhetisches Ertragsdenken
Aber auch im Westen bestimmt laut Achammer mittlerweile der wirtschaftliche Druck den Städtebau. Die Gestaltung von Immobilien im Bekleidungshandel würde heute von fünf europäischen Textilisten von H&M bis Zara und von zwei bis drei Lebensmittelketten wie Billa und Spar diktiert. In der Immobilienwirtschaft würden selbst Wohnquartiere von internationalen Investoren als reine "Bedarfsartikel" betrachtet. Die Frage sei ausschließlich: "Welchen Ertrag hat es und was kostet es?" Und internationale Konzerne setzten ihre "Corporate Identity" bei Firmengebäuden von Südafrika bis Indien und China durch.
In der Innsbrucker Innenstadt gibt es laut Achammer heute nur noch 35.000 Quadratmeter Handelsfläche. Die drei Einkaufszentren in Randlage dagegen haben 80.000 Quadratmeter, die Fachmärkte daneben sogar 100.000 Quadratmeter. Dieses Modell sei mittlerweile in ganz Westeuropa und mit einiger Verzögerung auch in Osteuropa existent, beklagte der Architekt.
Appell an die Politik
Von der Politik verlangte er deshalb regulatorische Maßnahmen. Bodenabgaben sollten von der Nutzung abhängig gemacht werden. Außerdem sollte die Stadtplanung öfter sagen: "Das machen wir nicht, um eine eigene Identität zu zu entwickeln." Und schließlich appellierte Achammer auch an die Städte, Ikonen zu schaffen - also Gebäude, die das Stadtbild als Wahrzeichen prägen. Ziel müsse sein, wieder individuelle Strukturen zu erreichen, um den Trend zum Konformismus zu verhindern.
Wunderland der Architektur
Einen Beitrag dazu will das in Österreich gestartete europäische Architekturnetzwerk "Wonderland" leisten, das dabei ist, sich zu einem neuen internationalen Architekten-Büro zusammenzuschließen. Es gebe Überlegungen für ein solches "Riesenbüro", sagte Projektsprecher Roland Gruber bei den Architekturgesprächen am Europäischen Forum Alpbach. Derzeit umfasst "Wonderland" 99 einzelne Architektenbüros und 270 Architekten aus neun europäischen Ländern. Denn: Ein solches Netzwerk habe gerade bei großen Ausschreibungen weit größere Chancen. "Die Zeit der Einzelkämpfer in der Architektur ist vorbei. Das ist charakteristisch für die junge Architektengeneration", so Gruber.
Unästhetisches Ertragsdenken
Aber auch im Westen bestimmt laut Achammer mittlerweile der wirtschaftliche Druck den Städtebau. Die Gestaltung von Immobilien im Bekleidungshandel würde heute von fünf europäischen Textilisten von H&M bis Zara und von zwei bis drei Lebensmittelketten wie Billa und Spar diktiert. In der Immobilienwirtschaft würden selbst Wohnquartiere von internationalen Investoren als reine "Bedarfsartikel" betrachtet. Die Frage sei ausschließlich: "Welchen Ertrag hat es und was kostet es?" Und internationale Konzerne setzten ihre "Corporate Identity" bei Firmengebäuden von Südafrika bis Indien und China durch.
In der Innsbrucker Innenstadt gibt es laut Achammer heute nur noch 35.000 Quadratmeter Handelsfläche. Die drei Einkaufszentren in Randlage dagegen haben 80.000 Quadratmeter, die Fachmärkte daneben sogar 100.000 Quadratmeter. Dieses Modell sei mittlerweile in ganz Westeuropa und mit einiger Verzögerung auch in Osteuropa existent, beklagte der Architekt.
Appell an die Politik
Von der Politik verlangte er deshalb regulatorische Maßnahmen. Bodenabgaben sollten von der Nutzung abhängig gemacht werden. Außerdem sollte die Stadtplanung öfter sagen: "Das machen wir nicht, um eine eigene Identität zu zu entwickeln." Und schließlich appellierte Achammer auch an die Städte, Ikonen zu schaffen - also Gebäude, die das Stadtbild als Wahrzeichen prägen. Ziel müsse sein, wieder individuelle Strukturen zu erreichen, um den Trend zum Konformismus zu verhindern.
Wunderland der Architektur
Einen Beitrag dazu will das in Österreich gestartete europäische Architekturnetzwerk "Wonderland" leisten, das dabei ist, sich zu einem neuen internationalen Architekten-Büro zusammenzuschließen. Es gebe Überlegungen für ein solches "Riesenbüro", sagte Projektsprecher Roland Gruber bei den Architekturgesprächen am Europäischen Forum Alpbach. Derzeit umfasst "Wonderland" 99 einzelne Architektenbüros und 270 Architekten aus neun europäischen Ländern. Denn: Ein solches Netzwerk habe gerade bei großen Ausschreibungen weit größere Chancen. "Die Zeit der Einzelkämpfer in der Architektur ist vorbei. Das ist charakteristisch für die junge Architektengeneration", so Gruber.
Mehr zum Thema Alpbach in oe1.ORF.at
Suche nach Gewissheit
Neoliberale kritisieren Sicherheitsdenken
Penningers Kritik am Wissenschaftsstandort
Philosophen warnen vor neuen Privatkriegen
Mehr zu den Alpbacher Technologiegesprächen von Donnerstag, 24. August bis Samstag, 26. August 2006 täglich in science.ORF.at
Hör-Tipps
Dimensionen, Montag, 28. August 2006, 19:05 Uhr
Von Donnerstag, 17. August bis Samstag, 2. September 2006 berichten die Ö1 Journale und "Wissen aktuell" über das Europäische Forum Alpbach.
Download-Tipp
Ö1 Club-DownloadabonnentInnen können die Sendung "Dimensionen" vom Montag, 28. August 2006, 19:05 Uhr nach der Ausstrahlung 30 Tage lang im Download-Bereich herunterladen.
Veranstaltungs-Tipps
Europäische Forum Alpbach 2006, "Suche nach Gewissheit und Sicherheit", Donnerstag 17. August bis Samstag, 2. September 2006, Alpbach
Alpbacher Technologiegespräche, Donnerstag, 24. August bis Samstag, 26. August 2006, Kongress Zentrum Alpbach
Links
Alpbacher Architekturgespräche
TU-Wien - Christoph Achammer
Wonderland