Zeugnisse kulturellen Erbes
Mittelmeerstädte
Im Rahmen eines EU-Projekts wurden Zeugnisse des "kulturellen Erbes" im Mittelmeer-Raum dokumentiert: in Form von Interviews, Videoclips, Fotos oder Texten. Die so entstandene Multimedia-Datenbank ist im Internet für jeden zugänglich.
8. April 2017, 21:58
Töpferware, ein religiöser Brauch, ein Volkslied - kulturelles Erbe drückt sich in vielfältiger Form aus. Ethnologen aus 13 europäischen Staaten haben Material aus 13 europäischen Städten zusammengetragen und dokumentiert. Das Ergebnis, eine Multimedia-Datenbank ist jetzt im Internet zugänglich.
Dreizehn Städte
Der Untertitel des EU-Projekts "Mediterranean Voices" lautet "Mündliche Überlieferung und Kulturelles Brauchtum in Mittelmeer-Städten". Drei Jahre lang wurden Stimmen, Klänge, Erzählungen und Eindrücke in 13 Städten gesammelt. Städte wie z. B. Ancona, Marseille oder Alexandria - diese Hafenstädte haben gemein, so der Ansatz der Forscher, dass sie wichtige Transitrouten sind, obwohl Meeresverbindungen rundherum an Bedeutung verlieren.
Die Städte Nikosia, Beirut und Bethlehem wiederum sind jeweils Orte von Konflikten und Kriegen. Und Ciutat de Mallorca, Las Palmas und Valletta verbindet laut Forschungsprojekt nicht nur der Tourismus, sondern auch die zunehmende Aufwertung der Innenstädte zu Lasten anderer Bezirke und sozialer Gruppen.
Ziel des Projektes war die Rolle des kulturellen Erbes im Mittelmeerraum kritisch zu beleuchten. Man wollte sich der Geschichte und der Erinnerung jener Menschen widmen, die heute in den urbanen Vierteln und Städten am Mittelmeer leben.
Was ist kulturelles Erbe?
Der Begriff kulturelles Erbe ist nicht auf Denkmäler oder Bauwerke beschränkt. Man denke an Mozart oder die Lippizaner in Österreich, vor einigen Monaten wollte die Österreich Werbung ja auch den "Charme" zum Weltkulturerbe erklären lassen. Im EU-Forschungsprojekt ist Migration ein großes Thema. So interessierte die Wissenschaftler auch wie kulturelles Erbe in eine zunehmend globalisierten Welt konstruiert wird. Und wie Konzepte des Kulturbegriffes erweitert werden können, was ist zum Beispiel in Multikulturalität enthalten?
In der öffentlichen Diskussion etwas zum "kulturellen Erbe" zu erklären, heißt es unantastbar zu machen. Mit dem Verweis auf das kulturelle Erbe können verschiedenste Ziele verteidigt werden - sei es die Fuchsjagd in Großbritannien, die Gänsestopfleber in Frankreich, der Vogelfang im Salzkammergut. Im EU-Projekt ging es aber weniger um solche nationalen Symbole, eher um Alltag, um Lebenswelten, um das scheinbar Banale, das eine Stadt, ein Viertel prägt.
Gemeinsamkeiten
Denn obwohl die Wissenschaftler in 13 verschiedenen Städten gearbeitet haben, konnten Gemeinsamkeiten gefunden werden. So sind die Umstrukturierungsprozesse von Stadtvierteln wie Regeneration und "Gentrification" der historischen Kerne und Hinterhöfen in allen Städten ähnlich.
Städtische Wirtschaft, die Lebensgewohnheiten, die Wohnsituation und Produktionsmuster in der Altstadt verändern sich. Und damit ändern Orte, Plätze, Viertel ihre Funktion. Menschen ziehen aus diesen Gründen aus alten, heruntergekommenen Hinterhöfen aus. Dann werden diese verlassenen Stadtviertel attraktiv für den neuen Mittelstand. Und diese soziale Schicht zieht dann dort ein und vertreibt die noch Verbliebenen.
Auf einem Internetportal, einer interaktiven und vielsprachigen Multimedia-Datenbank, sind die Ergebnisse dieser enthnologischen Datenerfassung für jeden einseh- und abhörbar: Tausende Fotos, Töne, Videos und Texte wurden gesammelt.
Hör-Tipp
Dimensionen-Magazin, Freitag, 18. August 2006, 19:05 Uhr
Download-Tipp
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Link
Mediterranean Voices