EU-Vize Günther Verheugen im Sommergespräch
Die vorrangigen Ziele der EU
Die Vereinfachung europäischer Vorschriften, Bürokratieabbau und eine bessere Rechtssetzung seien die kommenden vorrangigen Ziele der EU, meint der Vizepräsident der EU-Kommission, Günther Verheugen, im Sommergespräch mit Roland Adrowitzer.
8. April 2017, 21:58
Günther Verheugen über Lobbyismus und Globalisierung
Die überbordenden bürokratischen Regelungen innerhalb der EU sollen künftig wesentlich eingeschränkt werden. Das sei eines der großen Ziele der kommenden EU-Politik, kündigt der deutsche Vizepräsident der Europäischen Kommission, Günther Verheugen, im Sommergespräch mit Roland Adrowitzer an.
Kein bürokratisches Monster
Geht es nach den Worten ihres Vizepräsidenten, so dürfe die EU kein bürokratisches Monster werden. Verheugen kündigte an, dass er noch in diesem Jahr die durch die EU-Bürokratie entstandenen Kosten für die europäische Wirtschaft um 25 Prozent senken will. Das sei - so der Deutsche - immerhin eine Kostenentlastung von rund 75 Milliarden Euro im Jahr.
Der auch für Industriefragen zuständige EU-Kommissar meinte allerdings auch, man könne nicht nur die EU-Kommission für die ausufernde Regulationswut verantwortlich machen. Den Vorwurf, es kommt so viel Sinnloses aus Brüssel, kann er jedenfalls nicht nachvollziehen: "Schließlich kommt nichts aus Brüssel, was die Mitgliedstaaten nikcht so gewollt haben. Denn die Kommission entscheidet ja nicht, sondern macht nur Vorschläge; und diese Vorschläge müssen von einem demokratisch gewählten Parlament und vom Rat als dessen Vertretung der Mitgliedsstaaten angenommen werden".
Vertrauen stärken
Der Abbau überflüssiger Regulierungen und die Verminderung der Bürokratie sei jedenfalls - so Verheugen - ein ganz großes Ziel der künftigen EU-Politik und auch jenes Projekt, mit dem er seinen eigenen Namen verbinde:
"Wenn es gelingt, zu zeigen, dass ein so komplexes System wie die Union in der Lage ist, sich zu verändern, sich zu modernisieren, die Wirtschaft von unnötigen Fesseln zu befreien, wäre das nicht nur ein großer wirtschaftlicher, sondern auch ein starker politischer Effekt, weil dies dazu betragen kann, das Vertrauen zwischen den Bürgern einerseits und der europäischen Institution andererseits zu verstärken".
Das EU-Bild nach außen
Der deutsche EU-Vizepräsident gibt zu, dass das Bild, das Europa derzeit nach außen abgebe, noch immer nicht so sei, wie es sein sollte: "Es ist aber heute besser als letztes Jahr". Die gegenwärtige Krise der Union führt Günther Verheugen jedenfalls nicht auf die letzte Erweiterungsrunde vor zwei Jahren zurück. Die Blockade der Verfassung sei schließlich bei zwei alten Mitgliedsländern entstanden.
Dass die Europäer heute die EU für die Folgen der Globalisierung verantwortlich machten, lehnt der Deutsche ab, denn die meisten Europäer profitierten von der Globalisierung und hätten sie daher auch die längste Zeit betrieben. Allerdings - so Verheugen - setze die Globalisierung einen Strukturwandel voraus, der noch nicht abgeschlossen sei. Natürlich sieht er dabei auch die einen oder anderen Schwierigkeiten oder Probleme: "Keine Gesetze zu machen oder Gesetze abzuschaffen, ist unter Umständen schwieriger als ein Gesetz zu machen", sagt er, ist aber gleichzeitig zuversichtlich, dass die gesteckten Zi9ele erreicht würden.
Die da - in Brüssel
Günther Verheugen unterstreicht jedenfalls, mehr als deutlich gemacht zu haben, dass - wie er wörtlich sagt - "Bürokratieabbau kein Thema für Sonntagsreden ist, sondern wirklich das, was diese Kommission leisten will:
"Ich glaube, dass wir noch sehr viel daran arbeiten müssen, bei den Bürgern das Bewusstsein zu wecken, dass europäische Integration nicht die Ursache der Probleme ist, die wir in Europa haben, sondern die einzig denkbare Lösung. Ich halte es im Augenblick für das Wichtigste, dass diese merkwürdige Zweiteilung aufhört, die wir insbesondere in den Mitgliedsländern erleben, wo der Eindruck erweckt wird, Brüssel oder Europa sei eine völlig andere Ebene, mit der man in der nationalen Politik nichts zu tun hat. In Wahrheit ist es natürlich so, dass Europapolitik nur vermittelt oder durchgesetzt werden kann, wenn die nationale Politik sich Europa zum eigenen Thema macht und als eigene Verantwortung erkennt".
Hör-Tipp
Europa-Journal, Freitag, 4. August 2006, 18:20 Uhr
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