Heuer mit veränderter Schlingensief-Regie
Bayreuther "Parsifal" bleibt umstritten
Sie bleibt auch im dritten Jahr die umstrittenste Inszenierung in Bayreuth: Christoph Schlingensiefs Umsetzung des "Parsifal". Buh-Gebrüll schlug dem Regisseur entgegen, als er nach der heurigen Premiere am Mittwochabend vor den Vorhang trat.
8. April 2017, 21:58
Keine andere Inszenierung ist bei den Bayreuther Festspielen so umstritten wie der "Parsifal" von Christoph Schlingensief. Buh-Gebrüll schlug dem Regisseur entgegen, als er nach der Aufführung am Mittwochabend vor den Vorhang trat. Es gab aber auch Applaus und Bravo-Rufe. Schlingensief quittierte die Reaktionen, indem er lächelnd ins Publikum winkte und die Faust ballte.
Großen Beifall ernteten der Chor und das Festspielorchester unter dem Dirigenten Adam Fischer, der eine präzise, wenn auch etwas spannungsarme und zeitweise recht weihevolle Auslegung der Wagnerschen Erlösungsoper bot. Auf gutem Niveau agierte das Sängerensemble mit Alfons Eberz in der Titelrolle, Robert Holl als Gurnemanz, John Wegner als Klingsor und Evelyn Herlitzius als Kundry. Alexander Marco-Buhrmester sang den Amfortas, Jyrki Korhonen den Titurel.
Erster Aufführungs-Zyklus beendet
Mit "Parsifal" ist der erste Aufführungszyklus bei den Richard- Wagner-Festspielen beendet. Bis zum 28. August stehen noch 22 Aufführungen im knapp 2.000 Zuschauer fassenden Festspielhaus auf dem Programm. Schlingensief hat seine optisch opulente, um Projektionen und Filmeinspielungen bereicherte Inszenierung in diesem Jahr nochmals umgebaut.
Er nimmt sich nun des Religionskonflikts zwischen Christentum und Islam an und lässt die Kundry als schwarz gewandete islamistische Kämpferin auftreten. Arabische Symbole und Zeichen ergänzen die ohnehin schon überaus anspielungsreiche Szenerie. So wird etwa die arabische Übersetzung eines Textes von Friedrich Hölderlin aus dem "Hyperion" eingeblendet.
Von Urmutter Gaia bis zu Parsifal-Doppelgänger
Auf der mit zahlreichen Aufbauten zugestellten Drehbühne versammelt Schlingensief ein buntes Personal von der Urmutter Gaia bis hin zu einem Parsifal-Doppelgänger. Anders als von Richard Wagner erdacht, spuken der sieche Amfortas durch den zweiten und der entmannte Klingsor durch den dritten Akt. Am Ende streckt Parsifal den Amfortas mit dem Speer nieder, danach sterben er und Kundry selbst durch die Waffe.
Eine der ungewöhnlichsten Produktionen
Dieser "Parsifal" ist zweifellos einer der ungewöhnlichsten Produktionen, die je in Bayreuth gespielt wurden. Auch wenn die Ablehnung bei Teilen des Publikums groß ist, tut ein solches Projekt den Festspielen gut. Denn bei der Wagner-Interpretation hat Bayreuth starke Konkurrenz bekommen.
Ambitionierte Inszenierungen sind heutzutage an vielen Opernhäusern zu sehen. Den interessanteren Wagner gebe es längst auf anderen Bühnen als Bayreuth, meint etwa die Wagner-Urenkelin Nike Wagner.
Katharina Wagner inszeniert 2007 "Meistersinger"
Bei den Festspielen soll als Reaktion darauf die Laufzeit der Inszenierungen verkürzt werden, um öfter etwas Neues bieten zu können. Aber unabhängig davon ist in den nächsten Jahren auch auf dem "Grünen Hügel" für Spannung gesorgt:
2007 wird Katharina Wagner, Tochter des Festspielchefs Wolfgang Wagner (86) und möglicherweise seine Nachfolgerin, ihre erste Bayreuth-Inszenierung vorlegen, "Die Meistersinger von Nürnberg". Das weltweite Interesse daran dürfte groß sein.
Neuer "Parsifal" 2008, Zukunft des Dorst-"Rings"
Die Wagner-Gemeinde rätselt außerdem, wer den angekündigten neuen "Parsifal" im Jahr 2008 inszenieren wird. Und dann ist da noch die Frage, wie es wohl mit dem neuen "Ring" weitergeht. Die diesjährige Neuinszenierung von Tankred Dorst soll bis 2010 auf dem Spielplan stehen.
Hinter den Kulissen wird darüber gerätselt, ob der 80-jährige Dramatiker Dorst auch in den nächsten Jahren nach Bayreuth kommen wird, um die noch recht unfertige Produktion zu verbessern. Dorst verstand sich nicht mit dem Dirigenten Christian Thielemann. Manche bezweifeln daher, dass sich der Autor den Zwist auf dem "Hügel" nochmals antun will.
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Veranstaltungs-Tipp
Bayreuther Festspiele, Richard Wagner, "Parsifal", Premiere Mittwoch, 2. August 2006, weitere Vorstellungen: 6., 10. und 19. August 2006, Beginn jeweils 16:00 Uhr, Bayreuther Festspielhaus, Bayreuth
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Bayreuther Festspiele