Eine Frage der Courage

Trennung mit Anstand

Sich mit Anstand, Würde und Behutsamkeit von einem Partner trennen - geht das überhaupt? Wie trennt man sich "anständig"? Wie bewältigt man Schmerz, Angst und Trauer? Über das Ende mit Schrecken und den Schrecken vor dem Ende.

Heidemarie Haschkas Trennungs-Techniken

Trennungen können befreiend oder grausam, ehrlich oder feige, schleichend oder schockhaft passieren. Einer macht den ersten Schritt und die Welt zerfällt für Momente in Täter und Opfer, Egoisten und Verlassene. Spätestens am Scheideweg des Willens und Vermögens, eine Beziehung weiterzuführen, trennen sich die Geister.

Ist das "Wie" entscheidend? Und wie trennt man sich "anständig", so, dass der andere nicht das Gesicht und den Boden unter den Füssen verliert?

Wenn einer aussteigt

Einer von beiden steigt eines Tages aus. Aus der Gemeinsamkeit, Vertrautheit, aus dem Wir. Manche machen das mit langen Gesprächen, andere knapp am Telefon, abrupt, ohne Erklärung, ohne Diskussion, wieder andere setzten dem alten Partner einen neuen vor und winden sich so aus der Beziehung.

Die Tatsache der Trennung bleibt. Das "wie" wird zum Vorwurf, ein Abschiedsbrief folgt Wochen oder gar Jahre später. Oder aber niemals.

Jeder Abschied ist ein kleiner Tod

Christian wird über seine neue Situation als Single unerwartet getroffen. In einem Lokal sagt sie ihm, dass sie einen Anderen hat. Neuneinhalb Jahre liegen hinter ihnen, noch einige Stunden quälender, letzter Gemeinsamkeit als Paar vor ihnen. Szenen, die er nicht mehr vergisst, prall mit Vorwürfen, Erniedrigungen, Schreiduellen.

Er braucht, um die Neuigkeit zu verdauen, denkt sich im falschen Film. "Im Rückblick hätte ich schon sehen können, wie löchrig unsere Beziehung geworden war". Im Moment selbst ist er ohnmächtig. Großes Theater, sehr unbeholfen inszeniert. Ideale kippen, eine Liebe hat sich ausgeträumt.

Serielle Monogamie

"Irgendwann nimmst du deinen Schmerz und gehst", sagt Christian. Heute, Jahre später, ist er wieder gut mit seiner "Ex" befreundet, zum überzeugten Vertreter der "Lebensabschnittspartnerschaft", auch "serielle Monogamie" genannt, geworden.

Erinnerung macht Platz für die Gegenwart

Sich mit Anstand, Würde und Behutsamkeit von einem Partner trennen - geht das überhaupt? Wie bewältigt man Schmerz, Angst und Trauer? Den Anstand vor sich selbst zu bewahren, lautet die Herausforderung. "Ich lass mir die vielen schönen Stunden und Jahre nicht nehmen", sagt Uschi. Es gebe Trennungen, die seien gut, um sich selbst weiter zu entwickeln. Aber das ist schwer zu erkennen. Erst recht, wenn man 18 Jahre mit einem Mann glücklich verheiratet war.

Oft sei eine Trennung eine Frage der Ehrlichkeit - und der Courage. "Gefühle altern nicht, die gemeinsamen Träume sind gekappt, ja, aber die Aureole, die den Menschen umgibt, die bleibt", sagt die 65-Jährige. Seit 20 Jahren ist sie mit einem anderen Mann zusammen.

Zuhören verlernt

Zu verhindern, dass eine Trennung nicht zum Schlagabtausch wird, weil Schuldgefühle zu Bremsen, das gekränkte Ego zur Instanz der Rache werden. Das ist Aufgabe der

Die Paartherapeutin Heidemarie Haschka versteht sich als Begleiterin in einem Prozess. Der Beziehungskiller Nummer Eins: Partner haben verlernt, sich zuzuhören. Auch in einer Trennung bedarf es der Kommunikation. Speziell wenn Kinder im Spiel sind, sind die Schuldgefühle noch heftiger.

Am Schmerz führt kein Weg vorbei

"Psychische Gesundheit bedeutet Trennungsfähigkeit", erklärt Elisabeth Bock, Psychoanalytikerin nach C.G. Jung. Trennung sei das universelle, traumatische Thema im Leben. Der Tod die Basis; aber auch die Trennung von Ideen und Idealen bestimmen Sinn und Halt im Leben. Ein kultivierter Abschied sei deshalb umso wichtiger.

Lebensbezüge verändern sich und das kann bedeuten, den anderen freigeben zu müssen. Früher gab es Abschiedsrituale, die fehlen. Ein Abschiedsgeschenk oder -brief können so ein Ritual sein, um sich selbst und den anderen behutsam von einem Traum zu lösen.

Erinnerung bedeutet Kultur

Beziehungen seien niemals tot, leben in der Erinnerung weiter und Erinnerung bedeutet Kultur. Man entkommt sich nicht. "Reifen bedeutet, dass ich nicht mehr verführbar bin, frei wählen kann, dass ich weder Ideen, Ideologien noch Illusionen brauche, um Halt und Sinn im Leben zu finden. Aus dem Vielen entsteht die neue Gestalt meines eigenen Lebens. Das passt zu meinem Wachstum, das nicht. Und schon habe ich mich getrennt. Ein fortschreitender Differenzierungsprozess, einer, der nicht aggressiv passieren muss", meint Bock.

Viele gute Ratschläge. "Schwimmen musst du selber", sagt Christian. Und nach einer Trennung außerdem allein.

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Moment, Mittwoch, 18. Juli 2006, 17:09 Uhr

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