Günter Brus

(c) Pessenlehner, APA

"Erinnerung ist 99 Prozent Vergessenheit"

Günter Brus

In den 1960er Jahren erklären ihn Zeitungen zum "meistgehassten Österreicher", heute zweifelt niemand mehr an Günter Brus' Bedeutung als zeitgenössischer Künstler. In seinen Büchern arbeitete Günter Brus seine Kindheit auf.

Die ersten Zeichnungen sind leider nicht mehr erhalten.

Unter dem Titel "Amor und Amok" erschien vor Jahren ein Buch von Günter Brus. Im weiten Spannungsbogen zwischen "Amor und Amok" fühlt man sich auch, wenn man im Archiv nachliest, was - in diesem Land - im Verlauf von Jahrzehnten über den Künstler Günter Brus geschrieben wurde.

Im Sommer 1968 wird er in österreichischen Tageszeitungen zum "meistgehassten Österreicher" erklärt. Der Grund: Die Veranstaltung "Kunst und Revolution am 7. Juni 1968 an der Universität Wien, bei der Brus "Körperanalysen" zeigt. In den Medien ist von "Uni-Ferkeleien" zu lesen, Günter Brus wird - wie die anderen "Aktionisten" Ossi Wiener, Rudolf Schwarzkogler, Hermann Nitsch, Otto Mühl - angezeigt und verhaftet. Brus wird zu sechs Monaten Arrest verurteilt.

Aktionismus ist hoch im Kurs

Jahre später ist der Aktionismus hoch im Kurs, der einst "meistgehasste Österreicher" ist Staatspreisträger und als Künstler international anerkannt. Heute zählt Günter Brus zu den wichtigsten österreichischen Künstlern nach 1945, seine Werke sind in vielen großen Museen zu finden.

In seinem Buch "Die gute alte Zeit" erzählt Brus auf 270 Seiten mit sehr viel Sprach-Witz und Ironie von seiner Kindheit, von seinem Weg als Künstler. Im Buch finden sich, dann - gleichsam als Warnung - Sätze wie: "Die Erinnerung ist 99 Prozent Vergessenheit. Ein Prozent Wahrheit wird, wie man so sagt, ins Leben hinübergerettet."

Protokoll einer Kindheit

"Die Kindheit ist ein Rätsel, ein Rebus aus Bildfragmenten", schreibt Brus in seinem Buch "Die gute alte Zeit".

Der Schriftsteller Gerhard Roth zeigte sich von diesem Erinnerungsband überaus begeistert, er notierte: "Selten habe ich ein Buch gelesen, das mich so aufgewühlt hat. Vor allem hat mich das poetisch-bizarre Protokoll einer Kindheit fasziniert, in dem ich mich selbst wie durch den Zauber einer Zeitmaschine in meine ersten kümmerlichen Menschenjahre zurückversetzt sah."

Hör-Tipp
Menschenbilder, Sonntag, 5. Oktober 2008, 14:05 Uhr

Mehr dazu in Ö1 Programm

Buch-Tipps
Günter Brus, "Das gute alte Wien", Jung und Jung Verlag

Mehr dazu in oe1.ORF.at

Günter Brus, "Amor und Amok", Residenz/Niederösterreichisches Pressehaus

Veranstaltungs-Tipps
Ausstellung "Günter Brus - Mitternachtsröte", bis 25. Jänner 2009, Museum für angewandte Kunst Wien,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (20 Prozent).

Mehr dazu in oe1.ORF.at

Ausstellung "Brus's + Blake's Jobs", 17. bis 31. Oktober 2008, Neue Galerie Graz

Links
Wikipedia - Günter Brus
MAK - Mitternachtsröte
Neue Galerie - Brus's und Blake's Job