Weit verbreitet, unzureichend behandelt

Migräne

Im Rahmen der 14. Tagung der Österreichischen Schmerzgesellschaft veröffentlichten Experten alarmierende Daten über die medizinische Betreuung von Migräne-Patienten. Demnach nehmen 87 Prozent der Migräniker keine ärztliche Beratung in Anspruch.

In Österreich sind immerhin 10,2 Prozent der Bevölkerung, also etwa 800.000 Menschen, von Migräne betroffen. 486.000 davon gehören zur arbeitenden Bevölkerung - bei bis zu drei Anfällen wöchentlich ergibt das viele Krankenstandstage.

87 Prozent der Migräniker nehmen keine ärztliche Beratung in Anspruch. Warum geht nur jeder neunte Migräne-Patient zum Arzt? Sind die Angebote der Schulmedizin nicht attraktiv genug? Oder wird Migräne von den Betroffenen noch immer nicht als behandelbare Krankheit wahrgenommen? - Stichwort hysterische Migränepersönlichkeit.

Selbstbehandlung - nicht immer Ziel führend

Fast 60 Prozent jener Personen, die unter Migräne leiden, behandeln ihre Schmerzen selbst - mit Schmerzmitteln, die es rezeptfrei in der Apotheke zu kaufen gibt.

An sich spricht nichts gegen eine sinnvolle Selbstbehandlung - nur einige dieser Kopfschmerzmittel - vor allem Mischpräparate und Ergotamine sind auf Dauer aber nicht nur ungeeignet - sie können selbst zu arzneimittelbedingtem Kopfschmerz oder gar in die Medikamentenabhängigkeit führen.

Außerdem ist die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln - und bei Kopfschmerzpatienten können das beträchtliche Mengen sein - tendenziell riskant. Organschäden sind keine Seltenheit.

Wenn Sie regelmäßig unter Kopfschmerzen - welcher Art auch immer - leiden, ist eine einmalige Abklärung durch einen Facharzt dringend anzuraten.

Migräne - eines der großen Rätsel der Medizin

Nach wie vor sind die Ursachen der Migräne ungeklärt. Es besteht zwar eine familiäre Häufung, aber der Erbgang ist unklar. Ausnahme ist eine seltene Form der Migräne, bei der charakteristische Veränderungen an mehreren Chromosomen gefunden wurden.

Bei fast allen Migräne-Betroffenen gibt es typische Auslöser, wie Wettereinflüsse, hormonelle Schwankungen im Zyklus, Nikotin, Alkohol, Stress oder Wegfall von Stress etc. Die Auslösefaktoren zu erkennen - und sie, falls möglich - zu vermeiden ist ein wichtiger Therapieschritt.

Der Migräneanfall

Mehr wissen die Experten darüber, wo und wie die Migränekopfschmerzen entstehen.

Auslöser ist eine Fehlregulation im Hirnstamm. Im komplexen Geschehen eines Migräneanfalles kommt es zunächst zu einer starken Erweiterung und dann zu einer krampfartigen Verengung von Blutgefäßen im Gehirn. Dies führt zu den typischen pochend-pulsierenden Kopfschmerzen, die übrigens nur in 60 Prozent der Fälle einseitig auftreten.

Die Schmerzattacken können zwischen einigen Stunden und mehreren Tagen anhalten. Übelkeit, Licht- und Lärmempfindlichkeit, ein allgemeines Krankheitsgefühl und viele weitere Beschwerden können begleitend auftreten.

Triptane kaum verwendet

Eine weitere Besonderheit hierzulande ist, dass die speziell zur Bekämpfung der Migräne entwickelten Medikamente, nämlich die Gruppe der Triptane, kaum verwendet werden.

Triptane verstärken vereinfacht gesagt die Wirkung des Neurotransmitters Serotonin im Gehirn. Sie wirken nur gegen Migräne und Clusterkopfschmerzen. Gegen die weit verbreiteten Spannungskopfschmerzen sind sie wirkungslos.

Es gibt diese Substanzen seit mehr als 10 Jahren. In den USA verwenden 20 Prozent der Betroffenen diese Mittel - in Österreich nur eine verschwindende Minderheit.

Zwar sprechen 20 bis 30 Prozent der Erkrankten auf Triptane nicht gut an, aber den restlichen Migränegeplagten sind sie eine echte Hilfe.
Ist die restriktive Vorgangsweise der Kassen bei der Genehmigung der teuren Triptane schuld daran, dass diese wirksamen Medikamente nur von wenigen Migänikern in Anspruch genommen werden? Oder handelt es sich einfach um einen Informationsmangel bei den Migränepatienten?

Fachärzte betonen, dass die Migräne keine psychische, sondern eine körperliche Erkrankung ist. Migräne ist zwar nicht heilbar, aber durch eine individuelle Therapie, können die Anfallshäufigkeit und die Schwere der Attacke maßgeblich positiv beeinflusst werden.

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  • Haben Sie regelmäßig Kopfschmerzen und waren niemals beim Arzt?
  • Treten bei Ihnen Kopfschmerzen häufig am Wochenende auf?
  • Nehmen Sie regelmäßig Schmerzmittel ein?
  • Haben Sie Kinder, die unter Kopfschmerzen leiden?
  • Haben Sie Erfahrungen mit der Medikamentengruppe der Triptane?
Nach der Sendung werden unsere Sendungsgäste bis zirka 15:20 Uhr Ihre Fragen im Diskussionsforum beantworten.

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Hör-Tipp
Radiodoktor - Medizin und Gesundheit, Montag, 26. Juni 2006, 14:20 Uhr

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