Melodiöse Italianità aus Wien
Barock-Komponist Conti
Francesco Bartolomeo Conti war Hoftheorbist und Hofkomponist der Kaiserlichen Hofkapelle in Wien. Heute gehört Conti noch immer zu den großen Unerforschten. Seine Musik verbindet melodiöse Italianità mit expressiven Intervallsprüngen.
8. April 2017, 21:58
Im Barock gehörte der Wiener Hof zu den Zentralpunkten abendländischer Kultur. Der Kaiser, die "Caesarea Maesta", von Gottes Gnaden in das Heilige Römische Reich als Schalter und Walter eingesetzt, war schlechthin die Verkörperung absolutistischen Herrschertums.
Was die Kunst anbelangt stets nach Italien orientiert, gehörte es für die Monarchen zur Selbstinszenierung der Macht, auch in musikalischen Belangen zu glänzen. Es ist daher kaum verwunderlich, dass sich am Hof zu Wien zahlreiche italienische Sänger, Instrumentalisten und Tonsetzer tummelten.
Conti harrt der Wiederentdeckung
Zur Zeit Kaiser Karl VI. auch ein Theorbist, Francesco Bartolomeo Conti, dessen Name heute bereits beinahe in Vergessenheit geraten ist, dessen Musik zum weitaus überwiegenden Teil noch immer in den Archiven, zum Beispiel der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien, ihrer Wiederentdeckung harrt.
Am 20. Jänner 1682 in die Generation eines Bach, Telemann oder Händel hineingeboren, erlernte der Florentiner Conti bereits als Teenager das Lautenspiel und stand in den Diensten des Kardinals Francesco Maria de' Medici. Mit 19 Jahren wurde Conti von Leopold I. am Wiener Hof angestellt, verließ die Stadt an der Donau allerdings bald, um mit dem kaiserlichen Hofkomponisten Giovanni Bononcini nach Berlin zu reisen, wo Opern seines Landsmanns aufgeführt wurden.
1707 - als Händel in Italien war - spielte er in London Theorbe und Mandoline. Die Theorbe, ein Lauteninstrument, das seinen Siegeszug längst als Continuo- und Soloinstrument bis in die High Society hinein angetreten hatte.
Beachtliche Honorare für Conti
Als schließlich anno 1708 Orazio Clementi, Erster Theorbist der Kaiserlichen Hofkapelle starb, kehrte Conti mit 1440 Gulden als Hoftheorbist hoch saliert nach Wien zurück. Zu diesem beachtlichen Honorar kam ab 1713 noch das eines Hofkomponisten hinzu, wiederum 1440 Gulden. Ob das Geld Conti wohl glücklich machte? Jedenfalls komponierte er in Wien Opern für den Fasching, Oratorien für die Fastenzeit, Cantate für diverse Divertissements, Musicae sacrae und leider nur eine Handvoll Instrumentalwerke.
Dreimal hat der Florentiner geheiratet. Seine zweite und dritte Frau waren Sängerinnen bei Hofe: Maria Landini und Maria Anna Lorenzani. Glücklich konnte er so die Musik quasi seinen Frauen auf den Leib schreiben. 1732 starb Conti in Wien.
Ein großer Unerforschter
Heute gehört Conti leider noch immer zu den großen Unerforschten. Seine Partituren sind bis auf wenige Ausnahmen nicht ediert, ein detailliertes Werkverzeichnis fehlt. Die Wissenschaft begnügt sich damit, Altbekanntes immer wieder in neue Worte zu fassen.
Die Wurzeln für Contis Kompositionsstil liegen natürlich in Italien, wo vor allem Alessandro Scarlatti die hochbarocke Oper, das Oratorium und die Cantata kreierte und die Bologneser Meister Giovanni Paolo Colonna und Giacomo Antonio Perti jenen Stil der figuralen Kirchenmusik schufen, der auch in Wien seinen Niederschlag fand.
Eigene Musiksprache
Auch wenn heute nur ein Bruchteil der Werke Contis erschlossen ist, kann man unschwer hören, dass sie eine eigene Sprache sprechen. Auffällig das Changieren zwischen traditioneller, melodiöser Italianità und durch Intervallsprünge aufgebrochene Melodieführung.
Soli Deo Gloria
Euer
Fra Bernardo (alias Bernhard Trebuch)
CD-Tipp
Francesco Bartolomeo Conti: "Sventurata Didone", Ulrike Hofbauer/Sopran, Neue Hofkapelle München, Christoph Hammer, ORF Edition Alte Musik CD 456 (1 SACD), erhältlich im ORF Shop