Eine Studie über die Ansiedelung von Asylwerbern

Vom Umgang mit Asylwerbern

Wenn eine Gemeinde plötzlich Standort eines Asylwerberheimes werden soll, sind Konflikte vorprogrammiert. Zwei Salzburger Gemeinden - Goldegg und Ramingstein - sind Beispiele dafür, wie unterschiedlich das ausgehen kann. Sie wurden Objekte einer Studie.

Goldeggs Bürgermeister Ammerer zur Asylproblematik

Seit 2004 ist die Versorgung von Asylwerbern Ländersache. Meist werden sie am Land in leerstehenden Gasthöfen untergebracht. Konfliktfrei geht das nie vonstatten. Woran entzünden sich die Konflikte, was steckt hinter den Konflikten, was heizt sie an, was dämpft sie?

Ein Projekt des Friedensbüros Salzburg gibt Antworten und Lösungsvorschläge.

Mit Bussen ins Abseits

Österreichweit waren Anfang Oktober 2004 rund 26.000 Asylsuchende und andere MigrantInnen, die nicht abgeschoben werden konnten, im System der Grundversorgung. Bereits fünf Monate davor wurde diese Aufgabe der Unterbringung und Verpflegung von Asylwerbern vom Bund auf die Länder übertragen.

Die Flüchtlinge werden seitdem von großen Auffanglagern wie Traiskirchen mit Bussen in die Bundesländer transportiert. Die überwiegende Anzahl von Quartieren befindet sich in Landgemeinden, also in strukturschwachen Gebieten. Meist sind es Gasthöfe, deren ausschließlich touristische Nutzung unrentabel geworden ist.

Die Ansiedelung von Asylwerbern geht dabei nie ohne Konflikte vor sich. Sich diesen in konstruktiver Form zu stellen, ist daher unvermeidlich. Alles, was sich dabei konflikteskalierend auswirken könnte, ist zu bedenken, wobei es sich auch lohnt, einen Blick hinter den Konflikt um die Asylwerber zu werfen, da sich an ihnen entzündet, was lange schon vor sich hinschwelte.

Zuagroaste

Ländliche Kultur ist oft noch stark in ihren Traditionen verwurzelt. Schon der Neuzuzug von Österreichern führt zu gewissen Spannungen. Die Skepsis bis Ablehnung verstärkt sich, wenn es sich um Menschen fremder Kultur und Sprache und/oder Hautfarbe handelt. Was dabei vor allem beunruhigt, ist die Tatsache, dass Asylwerber beschäftigungslos sind, was sie "auf dumme Gedanken“ bringen könnte.

Fremdenfeindlichkeit spielt auch in der Ablehnung von Asylwerbern eine Rolle, doch ist sie nicht unbedingt der Schlüssel. Vielmehr sind es oft Stellvertreter-Konflikte für andere wirtschaftliche und strukturelle Probleme der Gemeinden, wie etwa Arbeitslosigkeit und Abwanderung.

Ist Integration möglich?

Das Ziel der Integration von Asylwerbern ist auf vielfache Weise erschwert: mangelnde Angebote an Sprachkursen und daher auch mangelnde Sprachkenntnisse, keine Möglichkeit, zu arbeiten - und Arbeit ist ein stückweit Integration -, aber auch die Tatsache, dass kaum ein Asylwerber nach Abschluss des Verfahrens (mit unbekannter Dauer und Ausgang) in den Landgemeinden bleibt. All das macht es schwierig, wirkliche Integration zu erreichen oder auch nur anzustreben.

Auf der anderen Seite muss man sehen, dass Integration eine Erfahrung ist, die einem nicht mehr genommen werden kann. Auch wenn die konkreten Menschen auseinander gehen, haben sie für das zukünftige Zusammenleben mit anderen Menschen an anderen Orten die besseren Voraussetzungen.

Projekte, die Begegnungsmöglichkeiten schaffen - entweder durch gemeinnützige Arbeit oder kulturelle Veranstaltungen - sind jedenfalls der erste notwendige Schritt. Abschottung hingegen erzeugt auf beiden Seiten ein Gefühl der Unsicherheit und Ablehnung.

Die Schlüsselrolle der Unterkunftsgeber

Die Unterbringung bei (ehemaligen) Gastwirten ist nicht unproblematisch. Zwar werden auch mal Quartiersbetreiber vom Land abgelehnt, etwa aufgrund von Alkoholproblemen, aber ob sie Kompetenzen im Umgang mit Flüchtlingen bzw. in der Führung eines Flüchtlingsquartiers haben, spielt offenbar keine Rolle. Dabei sind die Herausforderungen ganz andere, handelt es sich doch nicht um erholungssuchende Touristen aus wohlhabenden Ländern, sondern um Menschen mit Fluchtgeschichte und oft traumatisierenden Erfahrungen aus wirtschaftlichen und politischen Krisenregionen.

Der Quartiersbetreiber steht zwischen der ansässigen Bevölkerung und seinen Gästen. Ob er diese Rolle positiv als Vermittlerrolle nutzen kann, ist ohne entsprechende Ausbildung und Unterstützung rein von der Persönlichkeit und damit vom Zufall abhängig.

Entscheidung und Information

Die Entscheidung, wo welche Quartiere eröffnet werden, liegt beim Land. Würde darüber abgestimmt werden, wären die Asylwerber wahrscheinlich noch nirgends untergekommen.

Das Recht auf Asyl ist in der Verfassung verankert und muss gewährt werden. Darum kommen die Bürger nicht umhin. Allerdings ist es sinnvoll, die Bevölkerung miteinzubeziehen, wenn es um die konkrete Ausgestaltung des Zusammenlebens geht. Läuft die Information hauptsächlich über die Medien, haben Angstmacher die größeren Chancen und die, die am lautesten "Nein" schreien; die stellen aber nicht unbedingt die Mehrheit dar. Es müssen Beteiligungsmöglichkeiten geschaffen werden, die auch jene Mehrheit miteinbeziehen, die abwartend oder positiv eingestellt ist. Bespiele dazu gibt es bereits.

Hör-Tipp
Journal-Panorama, Mittwoch, 21. Juni 2006, 18:25 Uhr

Download-Tipp
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Links
Friedensbüro Salzburg
Caritas Salzburg