Neue Biografie

Wolfgang Koeppen

Außer seiner Romantrilogie "Tauben im Gras", "Das Treibhaus" und "Tod in Rom" hat Wolfgang Koeppen nur wenige Texte veröffentlicht. Zu seinem 100. Geburtstag ist nun eine Biografie über den Schriftsteller mit Schreibhemmung erschienen.

"Ich muss Ihnen endlich schreiben, dass der Plan, noch in diesem Herbst ein Buch herauszugeben, misslungen ist." Diese Erklärung vom 15. August 1961, adressiert an seinen Verleger Siegfried Unseld, ist wie die Blaupause von Geständnissen, die sich noch häufig wiederholen sollen.

Immer wieder kündigte Koeppen neue Pläne an, immer wieder legte er sie schließlich ad acta, stecken geblieben in der Ausführung, gescheitert am eigenen Anspruch - wie jetzt der unter dem Titel "Ich bitte um ein Wort" herausgegebene Briefwechsel zwischen Wolfgang Koeppen und Suhrkamp-Verleger Siegfried Unseld dokumentiert. Der Briefwechsel ist der "Roman" einer wunderbaren Freundschaft, aber auch das "Drama" eines fortgesetzten Scheiterns.

"Versprechen eines Dichters"

Die Veröffentlichungsabstinenz hat Koeppens Renommee nicht geschadet. Im Gegenteil. Der Autor stand im Ruf, "durch Schweigen von sich reden zu machen". Er ist, vor allem in den dreieinhalb Jahrzehnten als Suhrkamp-Autor, in denen er als einziges neues Buch das 120-seitige Prosafragment "Jugend" herausbrachte, ein "literarisches Monument" geworden, "eine Legende zu Lebzeiten".

Wolfgang Koeppen, 1906 als uneheliches Kind in Greifswald geboren, wollte schon als Schüler "Literat" werden - und ahnte zugleich, dass das für ihn gleichbedeutend sein würde mit freiwilliger und fürchterlicher Sklaverei. Er arbeitete zunächst am Theater, später als Redakteur beim Berliner "Börsen-Courier". 1934 erschien sein erster Roman, "Eine unglückliche Liebe", von der Kritik als "herrliches Buch" und "Versprechen eines Dichters" begrüßt.

Berühmt machen aber wird ihn erst die Nachkriegstrilogie. Koeppen, inzwischen nach München übersiedelt, schrieb zwischen 1951 und 1954 die Romane "Tauben im Gras", "Das Treibhaus" und "Tod in Rom", zeitkritische Romane, die der restaurativen deutschen Nachkriegsgesellschaft einen Spiegel vorhielten.

"Ich wurde eine Romanfigur"

Pünktlich zum Koeppen-Jubiläum hat Günter Häntzschel - zusammen mit seiner Frau Hiltrud - zwei neue Bücher über den Schriftsteller vorgelegt: eine kleine Monografie, herausgekommen in der Reihe "BasisBiografie" des Suhrkamp Verlags, und, im gleichen Verlag, das Begleitbuch zu einer Wolfgang-Koeppen-Ausstellung in der Münchner Bibliothek am Gasteig mit dem Titel "Ich wurde eine Romanfigur".

"Ich wurde eine Romanfigur", "Ich reise wie eine Romanfigur", "Ich lebe in einem Roman, und das mindert meinen Willen, ihn zu schreiben": Immer wieder hat Wolfgang Koeppen sein Leben als einen Roman bezeichnet, einen Roman, bei dem die Idee eines Projekts nicht weniger wichtig war als das Ausgeführte, das Ungeschriebene und Ungesagte nicht weniger wichtig als das Gesagte oder Geschriebene.

Reicher Nachlass

Ohne je ein Bestseller-Autor gewesen zu sein, konnte sich Wolfgang Koeppen auch in späten Jahren über Wasser halten - vor allem dank seines Mäzens Siegfried Unseld. Die Schreibdisziplin wird sie nicht unbedingt gefördert haben, die großzügige finanzielle Unterstützung, die in einer Zwischenabrechnung des Suhrkamp-Verlags vom 31. Juli 1993 ein Soll von Koeppen in Höhe von 268.574 D-Mark auswies.

Vor zehn Jahren ist Wolfgang Koeppen, schon lange schwer an Parkinson erkrankt, knapp 90-jährig in München gestorben. Tausende von Manuskriptblättern wurden in seinem Nachlass gefunden, der vom Koeppen-Archiv in Greifswald bearbeitet wird. Vor sechs Jahren erschien unter dem Titel "Auf dem Phantasieross" ein knapp 800 Seiten starker Band mit unveröffentlichter Prosa. Demnächst wird - von Hans-Ulrich Treichel herausgegeben - der erste Band einer 14-bändigen neuen Werkausgabe herauskommen.

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Ex libris, Sonntag, 18. Juni 2006, 18:15 Uhr

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Buch-Tipps
Günter Häntzschel, Hiltrud Häntzschel, "Wolfgang Koeppen", Suhrkamp Verlag, ISBN 3518182129

Günter Häntzschel,Hiltrud Häntzschel, "Ich wurde eine Romanfigur. Wolfgang Koeppen 1906 - 1996", ISBN 351841769

Wolfgang Koeppen, Siegfried Unseld, "Ich bitte um ein Wort. Der Briefwechsel", Suhrkamp Verlag, ISBN 3518417681