Diesmal will das Team mehr als "nur" ins Viertelfinale
England
Am 9. Juni beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Einen Monat lang wird "König Fußball" das dominierende Thema in den Medien und der Gesellschaft sein. Bis dahin stellt Ihnen oe1.ORF.at die 32 teilnehmenden Nationen vor.
8. April 2017, 21:58
Im Juni 2006 stehen zwei große Ereignisse an. Am 17. des Monats, einem Samstag, feiert Königin Elizabeth II., Monarchin des Vereinigten Königreichs von England, Schottland, Wales und Nordirland, ihren achtzigsten Geburtstag - und England nimmt an der Fußball-Weltmeisterschaft teil.
Im Unterschied zu allen anderen Mitgliedern der FIFA stellt das Vereinigte Königreich vier Verbände - eine Erinnerung daran, wo die Wurzeln des Fußballs liegen. Die Fans mit ihrer weiß-roten Georgskreuz-Fahne, denen es einigermaßen gelungen ist, vom Negativbild der "Hooligans" wegzukommen, werden während des Turniers "England, England" skandieren. Was heutzutage jedoch unter "englisch" oder "britisch" zu verstehen ist, hat im Land zu einer intensiven Diskussion um die eigene Identität geführt.
Einst standen diese Begriffe für imperiales Hegemonialdenken und arrogante Kulturdominanz. Die Auseinandersetzung mit diesem Erbe sorgte dafür, dass man sie zunehmend mied. Tony Blair und New Labour, seit 1997 an der Regierung, verkörperten die neue Ära des "Cool Britannia", das multikulturell und weltoffen sein wollte.
So räumte Blairs Parlamentsreform Schottland und Wales große Macht ein, regionale Kultur wurde gefördert, während die Ökonomie zunehmend und erfolgreich globalen Gesetzen folgte. Man begann vom "doughnut-Problem" zu sprechen: Das einstige Zentrum ist leer, während sich die davon abgrenzenden Identitäten stabilisieren.
Wie ein Schock wirkten die Anschläge vom 7. Juli 2005, deren Attentäter sich als junge, in England geborene und scheinbar gut integrierte Muslime herausstellten. Die Tatsache, dass es sich um Landsleute handelte, erschüttert das Selbstverständnis der Engländer bis heute schwer. So eindrucksvoll die Nüchternheit, mit der die Londoner nach den Anschlägen wieder zum Alltag übergingen, so groß bleibt die Verunsicherung über die gemeinsame Identität.
Neue Antworten soll etwa ein besserer Geschichtsunterricht liefern - auch jenseits von Heinrich VIII. und Hitler, auf die sich die Kenntnisse heutiger Schüler weitgehend beschränken, gibt es etwas zu wissen. Seit Jahresbeginn läuft eine Imagekampagne der Regierung, die Englands "zwölf Ikonen" präsentiert - und die mit der guten Tasse Tee, der Spitfire, dem rotem Doppeldeckerbus, Alice im Wunderland, Stonehenge und dem FA Cup erstaunlich Altbewährtes enthält.
Überhaupt, der Sport: Durch die Vergabe der Olympischen Sommerspiele 2012 an London erhält die Frage, wie sich England der Welt präsentieren will, neue Aktualität. Immerhin: 2004 wurde England nach langer Krise Rugby-Weltmeister, 2005 gewann das Cricket-Team endlich wieder die berühmte "Ashes"-Serie. Das Ziel für 2006 ist klar: Am 9. Juli sollen die Fußballer um Beckham, Gerrard und Rooney der Queen nachträglich ein besonders schönes Geburtstagsgeschenk machen - und damit doch wohl auch dem ganzen Vereinigten Königreich.
Dieser Text entstammt einer Kooperation mit "Anstoss", der Zeitschrift des Kunst- und Kulturprogramms zur FIFA WM 2006; ein Projekt von André Heller.
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