Der Bit-Schnitzer und sein Mäzen
Schach dem Scheich
Christian Donninger lebt im Waldviertel und arbeitet für einen Scheich in Abu Dhabi. Gemeinsam verfolgen beide ein Ziel, der eine als Programmierer, der andere als Geldgeber: Das Schachprogramm "Hydra" soll unschlagbar werden.
8. April 2017, 21:58
Christian Donninger steht jeden Tag um 6:30 Uhr auf, macht Tee, setzt sich in sein Arbeitzimmer und beobachtet seinen Computer bei der Arbeit. Zwischen seinen Füßen und den surrenden Festplatten macht es sich sein Hund "Bello" bequem, auf seinem Schoß sitzt seine Katze.
Selbst muss "Chrilli", so wird er von Freunden und Bekannten genannt, eigentlich kaum etwas tun, denn seine Arbeit liegt großteils schon Monate zurück: Christian Donninger hat den weltbesten Schachcomputer programmiert und ihm den Namen "Hydra" gegeben, benannt nach dem neunköpfigen Seeungeheuer aus der griechischen Mythologie. Seine Arbeit besteht jetzt in erster Linie darin, seinem Programm stundenlang "auf die Finger" zu schauen, und darauf zu warten bis es Fehler macht.
Abu Dhabi liegt im Waldviertel
Christian Donninger lebt heute im Waldviertel, weit im Norden, im kleinen Dorf Altmelon. Aufgewachsen ist er in Vöcklabruck in Oberösterreich. Mit 18 Jahren zog er nach Wien, um Mathematik zu studieren. Als er Jahre später einmal in Holland beschäftigt war, trieben ihn Langeweile und Heimweh dazu, ein Programm zu schreiben, das seinen damaligen Schachcomputer besiegen konnte, erzählt er uns. Mit Erfolg. Denn auch andere Leute wollten solch ein Programm. Er entwickelte daher weiter und seine "Sprösslinge" waren bald so gut, dass sie sich mit den weltbesten Schachspielern anlegen konnten, und auch gewannen.
Ein Scheich aus Abu Dhabi lud Christian Donninger vor zwei Jahren in seinen Palast ein, überschüttete ihn förmlich mit Luxus und überredete ihn, das Programm "Hydra" weiterzuentwickeln. 400.000 Dollar allein für Computer-Hardware investierte der Scheich, dem der Mathematiker aus dem Waldviertel vertraglich zusichern musste, seinen Namen geheim zu halten.
Die "Hydra" ist seither kaum zu besiegen. Nicht nur Schachgrößen müssen sich ihr geschlagen geben, sondern auch andere Programme. Christian Donninger ist das nur bedingt recht, denn wenn sein Programm ständig siegt kann er es nur schwer weiterentwickeln. Neue Ideen und Methoden entstehen nämlich nur aus Fehlern und Niederlagen.
Matt am PC
Donninger sieht sich selbst als Handwerker, auch wenn ihn im Dorf alle "Herr Doktor" nennen. Seine Arbeit bezeichnet er dementsprechend als "Bit-Schnitzerei". Warum er all das macht, weiß er nicht so recht. Er möchte nicht noch einmal etwas aufgeben, das er begonnen hat, so wie er es schon mit der Mathematik getan hat. Der Weg sei das Ziel, sagt er, doch wohin solle dieser Weg führen?
Christian Donninger ist heute für die, die sich mit Computerschach beschäftigen ein Star - "die Leit-Sau von einem kleinen Wildschweinrudel" sagt er selbst dazu. Dass er etwas tut, das der Gesellschaft dient, glaubt er nicht. Im Gegenteil: ein wenig beängstigt ihn nämlich die Vorstellung, irgendwann einmal das Schachspiel zu lösen, unter den Millionen Zugvarianten jene herauszufiltern, die nur zum Sieg führen kann. Denn das wäre der Tod dieses Spiels und damit eines Jahrhunderte alten Kulturgutes.
Hör-Tipp
Moment, Moment, 29. Mai 2006, 17:09 Uhr
Download-Tipp
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Links
Wikipedia - Hydra
Österreichischer Schachbund