Das Markenzeichen seiner Edition: Holzschnitte

Das Buchuniversum des Christian Thanhäuser

Holzschnitte sind das Markenzeichen der Edition Thanhäuser. Der Verleger und Holzschneider stellt in seiner Buchwerkstatt in Ottensheim in aufwändiger Handarbeit wahre Kunstwerke her - unbeeindruckt von Moden oder bibliophilen Verzopftheiten.

Der Künstler über sein Lieblingsmaterial

Die Ruhe, die Langsamkeit, die Genauigkeit beim Andenken, Konzipieren, Erarbeiten eines Buchprojektes - sie sind dem Verleger und Holzschneider Christian Thanhäuser wichtig. Er sieht seine Arbeit als Gegenströmung zur Schnelllebigkeit ...

Buchstabe für Buchstabe

Christian Thanhäuser lebt als Holzschneider, Zeichner, Graphiker und Verleger in Ottensheim an der Donau, unweit von Linz. 1989 gründete er seine Edition, in der Bücher als kleine Meisterwerke entstehen. Die bibliophilen Ausgaben dieser Edition werden in aufwändiger Handarbeit hergestellt. 150 bis 400 Exemplare werden pro Buch gedruckt: österreichische Lyrik - etwa von H. C. Artmann - ist ebenso im Programm vertreten wie zweisprachige Ausgaben mit Gedichten von slowenischen, kroatischen, ungarischen oder rumänischen Dichtern.

Die Texte werden von Christian Thanhäuser eigenhändig gesetzt - Buchstabe für Buchstabe; sie werden mit Holzschnittarbeiten illustriert, und oft ist es auch der Verleger selbst, der die Bücher dann bindet.

Ein Universum von Büchern

Beim Besuch im Haus von Christian Thanhäuser in Ottensheim, in dem er mit seiner Frau Irmgard und den drei Kindern Margarita, Joseph und Ludwig lebt, möchte man sich viel Zeit zum Schauen, Blättern, Angreifen, Staunen nehmen ...

Tausende Bücher sind da zu entdecken, im ganzen Haus verteilt, auch Bilder, Zeichnungen, Radierungen, Holzschnitte von befreundeten Künstlern an den Wänden, mehrere alte Handpressen in der Werkstatt, eine Sammlung von über 600 verschiedenen Setzkästen mit Schriften, japanische Holzschneidemesser, Stöße von altem Papier, Holzplatten in verschiedenen Größen - ein Universum, für das man sich viel Zeit nehmen muss.

Kein Worteverlierer

"Ich könnte viele Worte verlieren - wie man so sagt - über die Umstände, in Oberösterreich ein Leben als Zeichner, Drucker, Schwärzer, Literaturvermittler zu führen, in Ottensheim, das fast genauso weit von Wien weg zu sein scheint wie von Bern". Mit diesen Worten eröffnete Raphael Urweider vor Jahren eine Ausstellung von Christian Thanhäuser in der Schweiz und fügte hinzu:

"Ich könnte viele Worte verlieren - über Motive, Strukturen, über Farn, Flechten, Flüsse, Felsen, über die Gegend, aus der er kommt, über die Donau, über das Ländliche, über Leute, die manchmal auch Nahrungsmittel gegen Kunstwerke tauschen - Handwerk gegen Handwerk ... Christian Thanhäuser ist das Gegenteil eines Worteverlierers. Er verhilft Flüchtigem auf Papier zu überleben".

An der schönen, blauen Donau

Seine Edition gründete Christian Thanhäuser im Jahr 1989. Sein erstes Buch als Verleger war ein Band über Ottensheim. In diesem Ort an der Donau ist er im Schiffsmeisterhaus aufgewachsen, in dem seine Eltern ein Lebensmittelgeschäft betrieben. Seine Kindheit erlebte er unmittelbar am Wasser. Heute kann er fließendes Wasser wunderbar leicht in hartes Holz schneiden. Die Faszination für's Wasser ist geblieben: "Der frühe Blick als Kind aus dem Küchenfenster über die Donau auf die Schiffe mit den verschiedenen bunten Flaggen hat mich sicher geprägt", sagt der gebürtige Linzer.

Bücher spielten im Haus seiner Eltern damals zwar keine wichtige Rolle: "Es war nicht einmal ein Lexikon im Haus", erinnert er sich. Erst als Jugendlicher entdeckt er Bücher von Karl May, Adalbert Stifter, Dostojewski. Sie wurden während seiner Internatszeit und anschließend bei der Ausbildung zum Lebensmittelkaufmann in der Handelsakademie immer wichtiger. Heute besitzt er eine Bibliothek von über 15.000 Büchern.

Das Markenzeichen seiner Edition

Holzschnitte sind das Markenzeichen der Edition Thanhäuser. Sie prägen alle Bücher der Reihe. Als Holzschneider war Christian Thanhäuser schon vor der Gründung seines Verlages bekannt: "Ich brauche das Arbeiten gegen einen Widerstand“, sagt er über das Holzschneiden und seine Liebe zum Holzschnitt.

Als "Linien-Stifter und Bild-Erzähler“ bezeichnet ihn der Schriftsteller Ludwig Hartinger: "Die Kunst des Holzschneidens ist Kunde vom Fließenden, vom Licht, das allem seinen Rand gibt, Kunde von Konturen und von Schattensäumen, er schneidet Licht aus dem Holz“, ist in einem seiner Bücher zu lesen.

Da und dort sieht man bei Christian Thanhäuser auch Farb-Holzschnitte, wie etwa in frühen Büchern. Inzwischen überwiegt das Schwarz-Weiß, das magische Ineinander und Miteinander von Licht und Schatten.

Der Blick über die eigene Sprachgrenze hinaus

Ein Thema, das in seinen Büchern und in seinem Leben eine wichtige Rolle spielt, das ist der Blick auf die Natur. "Regenbogenstege im Regen, dazwischen kleine Dinge“ - heißt es im Gedichtband "Holzrausch" von H. C. Artmann, der mit Holzschnitten von Christian Thanhäuser 1992 in seiner Edition erschienen ist: "Regen hebt die Erde an den Himmel“ ist da zu lesen, oder "Sonne, du Hausfrau im Himmel auf Erden, du Nachbarin unser ...“.

Auch das Zweisprachige - der Blick über die eigene Sprachgrenze hinweg - ist dem Künstler wichtig. So findet sich im Programm u. a. slowenische, kroatische oder auch ungarische Lyrik. "Du sahst, es gibt dich", heißt etwa ein Lyrikband des tschechischen Dichters Pavel Kolmacka. Auch mit den Büchern seiner Edition "RanitzDrucke" zeigt er eindrucksvoll diesen Hang nach draußen: "Die Ranitz als kleiner Mühlviertlerbach, dessen Wasser über die Donau irgendwann ins Schwarze Meer fließt, steht symbolisch für die Seitenflüsse der Literatur, die auch ins Meer, in die Literatur einfließen ...".

Einfache, gut lesbare Bücher

"Ich möchte - unbeeindruckt von Moden, Gutenberg-Nostalgie oder bibliophilen Verzopftheiten Bücher machen“, betont der Verleger, der sich das Handwerk des Büchermachens selbst nach und nach beigebracht hat:

“Einfache Bücher sollen es sein, die man nicht mit Seidenhandschuhen anfassen muss; gut in der Hand sollen sie liegen, und gut lesbar müssen sie sein“, sagt er, nimmt einen Winkelhaken zur Hand, holt einzelne Buchstaben aus einem Setzkasten und beginnt zu arbeiten.

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Hör-Tipp
Menschenbilder, Sonntag, 21. Mai 2006, 14:05 Uhr

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Edition Thanhäuser