Ein Tauchgang
Die Perle
Inoffiziell kommt sie wesentlich häufiger als offiziell. Im besten Falle erntet sie Dankbarkeit, immer aber wenig Geld. Haushaltshilfen leben im Graubereich zwischen Ausbeutung und Familienanschluss. Nahezu immer sind es Frauen.
8. April 2017, 21:58
Warm, dezent, diskret, flexibel, belastbar und ergebnisorientiert muss sie sein. Eine Frau mit Herz und Management-Skills ist gefragt: die Haushaltshilfe, von vielen, denen sie ihre Fürsorge angedeihen lässt, liebevoll "Perle" genannt.
Zwischen Begeisterung und Bedauern
Die einen kriegen einen verklärten Blick, die anderen sprechen von Zwangsarbeit, die dritten halten sie schlicht für ein Schmuckstück. Auf die Frage, was sie zu "Perle" assoziieren, bekam ich Antworten von "wundervoll" bis "grauenhaft" zu hören - je nachdem, ob die befragte Person sich an die warmherzige Haushälterin ihrer Kindheit erinnerte, eine Putzfrau ihr gerade das Leben erleichtert, oder, ob sie arbeitsrechtlich ungeschützte Migrantinnen betreut, oder sich für die Gleichstellung der Frau am Arbeitsmarkt engagiert.
Hier wurde bedauert, dass es so etwas kaum mehr gibt, dort wurde beklagt, dass es so etwas überhaupt noch gibt.
"Schwarze" Perlen
Wer jemals selbst nach einer Haushaltshilfe gesucht hat, weiß: Das Perlentauchen gestaltet sich mühevoll. "Ja, ich kenne jemanden, der hat so eine Perle". Aber "herborgen" will sie keiner, obwohl - oder weil - die "schwarzen" Perlen besonders weit verbreitet sind: Eine Frau aus dem Weinviertel kocht seit 20 Jahren für den Herrn Professor Marmeladen ein und hütet seine Katzen. Eine Mazedonierin putzt bei einem homosexuellen Paar am Land. Die einzige männliche, philippinische Perle will eigentlich studieren.
Ein bisschen mehr
Was macht einen Menschen zur Perle? Was macht die Ähnlichkeiten zwischen dem "Kügelchen aus Perlmutt" und diesen "Mädchen für alles" aus? Eine 94-jährige Wienerin erzählt, was sie Zeit ihres Lebens gemacht hat: "Vom Tapezieren übers Chauffieren bis zum Augenzudrücken".
Früher eher in Nobelvillen heimisch, stehen Perlen heute bei vielen besser Verdienenden hoch im Kurs - und werden fast zu Familienmitgliedern. Für die alten, einsamen Menschen der Großstadt sind Heimhelferinnen oft der einzige Kontakt zur Außenwelt. Was diese Helfer tun dürfen und was nicht, ist allerdings genau festgeschrieben. Eine echte Perle freilich geht immer ein bisschen darüber hinaus.
Eigenverantwortlich. Flexibel. Belastbar. Ergebnisorientiert. Diskret. Welche berufsmäßigen Anforderungen wir an die Perlen stellen, steht 1:1 in den Stellenausschreibungen für Manager.
Hör-Tipp
Hörbilder, Samstag, 25. November 2006, 9:05 Uhr
Download-Tipp
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