Kleinbauern in der EU
Das Ende der Kleinbauern
Das Bauernsterben hat sich nach Österreichs EU Beitritt extrem beschleunigt. Innerhalb eines Jahrzehnts hat Österreich 63.000 landwirtschaftliche Betriebe verloren, in den letzten fünf Jahren waren es noch zusätzliche 30.000.
8. April 2017, 21:58
Früher stellte der Agrarsektor einen bedeutenden Bereich der Wirtschaft dar. Das änderte sich nach dem Zweiten Weltkrieg, Technisierung und Mechanisierung führten zu einem gewaltigen Anstieg der Produktivität. Die Folge war ein allmählicher Übergang von einer Unterversorgung zu einer Überschusssituation bei Nahrungsmitteln, es kam zu einer massiven Abwanderung von Arbeitskräften in der Landwirtschaft.
Um dieses Bauernsterben abzufangen, gab der Staat den Bauern immer höhere Subventionen, es kam zur Produktion von Überschüssen, zu Butterbergen, Milchseen und Getreidemassen.
Regionale Kreisläufe wurden durchbrochen
Die österreichische Landwirtschaft ist im internationalen Vergleich durch eine kleinbetriebliche Struktur gekennzeichnet. Mehr als die Hälfte der Betriebe haben weniger als zehn Hektar Fläche. Mehr als zwei Drittel der Höfe liegen im Bergland, und sind somit am Weltmarkt nicht konkurrenzfähig.
Die regionalen Kreisläufe werden durchbrochen, die Menschen ziehen vom Land in die Stadt. Heute werden wir nicht mehr von den lokalen Bauern ernährt, sondern von Konzernen, die ihre Produkte am internationalen Markt nach Kriterien der Profitmaximierung ankaufen.
Durch die Zerstörung der regionalen Kreislaufwirtschaft, innerhalb derer der Kleinbauer ein zentraler Angelpunkt war, fließt das Geld aus den Dörfern ab. Man bezahlt es nicht mehr an den Tischler im Ort, sondern an die Möbelhandelskette. Wenn man jedoch kleinbäuerliche Strukturen zerstört, wird den Menschen eine grundlegende Ressource genommen, sie können sich nicht mehr aus sich selbst heraus entwickeln.
In weiten Teilen des Waldviertels, im Südburgenland, in Teilen der Steiermark und Teilen des Alpengebietes stagniert die Wirtschaft bereits, es herrschen Abwanderungstendenzen. Dort wurden die Bauernhöfe in Großbetriebe übergeführt. Die Infrastruktur leidet.
Umdenken in der Förderpolitik
Rund die Hälfte des EU Budgets fließt in die Landwirtschaft. Der EU Beitritt Österreichs brachte eine Neuordnung des österreichischen Fördersystems, der nationale Spielraum ist gering, größtenteils handelt es sich um Preisstützungen für Fleisch, Milch und Getreide.
Im Rahmen der so genannten Agenda 2000 gab es innerhalb der EU ein Umdenken in der Förderpolitik. Seither wird auch der ökologische Beitrag eines umweltschonenden Biobetriebes extra gefördert; auch werden benachteiligte Regionen stärker bedacht als früher.
Trotzdem erhalten nach wie vor 20 Prozent der Betriebe 80 Prozent der Mittel. Die Regierung war bemüht, die erwarteten negativen Folgen des EU Beitritts für die Landwirtschaft mit Subventionen auszugleichen; und diese Abfederung ist auch gelungen: Nach dem EU Beitritt im Jahr 1995 lag das Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft 22 Prozent über dem Ergebnis des Vorjahres.
Allerdings stieg der Anteil der öffentlichen Gelder an diesem Einkommen von rund einem Drittel auf über zwei Drittel. Die Abhängigkeit von agrarpolitischen Maßnahmen hat also zugenommen.
Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 8. Mai bis Donnerstag, 11. Mai 2006, 9:30 Uhr
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