Wenn Pickel sprießen

Bernd Stelter als Vater

Nach erfolgreicher Tournee durch Deutschland ist Comedian Bernd Stelter wieder in Wien zu Gast. Mit im Reisegepäck sein aktuelles Programm "Pubertät ist mehr als Pickel", in dem er das harte Leben der Väter mit pubertierenden Kindern zum Besten gibt.

Die Liebe ist ein seltsames Spiel

Wenn die Barbie-Puppen der Tochter kahl rasiert im Mülleimer landen, wenn einem von den Posters im Kinderzimmer plötzlich keine süßen Ponys mehr entgegen schauen, sondern schwer erziehbare amerikanische Gangsta-Rapper, dann wissen Vater und Mutter, was es geschlagen hat. Hormonelle Störenfriede versetzen Körper und Seele in Aufruhr, die Wimmerln sprießen, der Sexualtrieb erwacht. Aus den lieben Kleinen werden plötzlich dünnhäutige Diven und aggressive Rüpel.

Pubertät ist mehr als Pickel

So der Titel seines mittlerweile dritten Soloprogramms, mit dem sich der TV-bekannte Comedian und Kabarettist Bernd Stelter von 27. bis 29. April 2007 auf österreichischem Bühnenboden in der Kulisse präsentiert.

Zehn Jahre lang hat er in der satirischen RTL-Wochenschau "7 Tage, 7 Köpfe"“ mit Kollegen wie Mike Krüger oder Rudi Carrell zu Europas erfolgreichstem Comedy-Format beigetragen. Vergangenen Silvester verabschiedete man sich in Würde. An der Seite von "Dancing Star“" Nicole Beutler drehte Stelter etliche Staffeln der Sitcom "Bernds Hexe"“. Nun ist er zu seinen Wurzeln, ins Kabarett, wo man Abend für Abend live um die Aufmerksamkeit des Publikums buhlen muss, zurück gekehrt.

Erfolgreiche Premiere

"Ich hab noch nie zuvor Rahmlinsen gegessen. Schon deshalb hat sich der Auftritt für mich gelohnt“." Mit diesem kulinarischen Geständnis eröffnet der gewichtige Westfale den Abend und hat damit das Publikum sofort auf seiner Seite. Besucher, die Stelter aus dem Fernsehen kennen und sich bei humoristischen Darbietungen aller Art gern auf die Schenkel klopfen, fühlen sich gleich ganz wie zu Hause. Das etwas anspruchsvollere Publikum kommt auch nicht zu kurz, wenn sich Stelter in seinen Ausführungen über die pubertären Nöte fragt: "Was spürt eigentlich ein Schmetterling im Bauch, wenn er verliebt ist?"

Poppen kann ich selber!

Nur mit Hilfe weniger Accessoires schlüpft der 45-jährige Entertainer in drei verschiedene Vaterrollen, spielt einen Lehrer und einen halbwüchsigen Hip-Hopper, der das Publikum abschätzig taxiert. "Lauter Kompostis!"

Sichtlich gezeichnet von eigenen Erfahrungen führt der zweifache Familienvater vor, wie man es nicht machen soll. Er mimt den verständnisvoll anbiedernden Kumpeltypen im etwas zu bunten, zu jugendlichen Outfit, der dem Sohn die eigene Pubertät strittig macht. Oder den konservativ-liberalen Vater einer Göre namens Desiree, die den Aufklärungssermon des Seniors gelangweilt über sich ergehen lässt, dann doch um Hilfe bittet - allerdings bei der Installation eines Computerprogramms. Denn "poppen kann ich selber".

If love hurts

Stelter verzweifelt aber nicht nur an den frühreifen Teens unserer Tage. Er unternimmt auch einen sentimental-vergnüglichen Ausflug in die eigene Pubertät anno 1976:

"Ich konnte mich schon damals gut ausdrücken", scherzt er in Anspielung auf sein einst von Pickeln übersätes Gesicht. Gekleidet in die einst unverzichtbare olivgrüne Parka-Jacke, an der immer noch der "AKW Nein Danke"-Sticker prangt, erinnert er sich an seine unglückliche Liebe zur kessen Sabine: In der weißen Folklorebluse sah sie damals auf der Party so verführerisch aus, aber statt den Knutsch-Angriff zu wagen, tröstete sich der zu schüchterne Bernd mit dem übermäßigen Verzehr von Nudelsalat. Nazareths "Love hurts" dröhnte dazu aus den Lautsprecherboxen.

"Peinliche" Liebeslieder

In den 1970er Jahren sind nicht nur Stelters Reminiszenzen angesiedelt, sondern - stilistisch - auch jene Lieder, die er zur Gitarre vorträgt. Wie eine etwas beleibtere Ausgabe von Reinhard Mey, singt er im Grunde unfassbar peinliche Zeilen, zum Beispiel in einem Liebeslied für seine Frau: "Wenn sie das Näschen kraust und durch die Wohnung saust..."

Seltsamerweise ertappt sich selbst der gelernte Zyniker dabei, von Stelters musikalischen Darbietungen gerührt zu sein oder sich an seinen Wortspielen zu delektieren: "Ma hat ma Glück, ma hat ma Pech, ma hat ma Gandhi", heißt es etwa in einem vom TV-Stammpublikum eingeforderten Gassenhauer.

Versteckte Message

Es ist in der Tat erstaunlich, wie Bernd Stelter der Spagat glückt, sein doch ziemlich inhomogenes Publikum zufriedenzustellen. Jene, die nicht nur im Karneval gerne mitsingen und mitschunkeln, aber auch die, die ins Kabarett gehen, weil sie dort ein streckenweise sehr subtiles und durchwegs professionell gearbeitetes Stück Kleinkunst vom alten Schlag sehen wollen - ein Stück, das seine wertkonservative Message nicht versteckt, die da lautet:

"Familienglück ist durchaus erstrebenswert - trotz pubertätsbedingter Krisenzeiten, in denen viele Eltern sich die Frage stellen: Wieso haben wir uns damals nicht für einen Hund entschieden?'"

Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 22. April 2007, 22:05 Uhr

Veranstaltungs-Tipp
Bernd Stelter, "Pubertät ist mehr als Pickel", 27. bis 29. April 2007, Kulisse,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (10 Prozent).

Links
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