Ein Interview mit dem scheidenden AUA-Chef

Der Captain verlässt das Cockpit

Fünf Jahre lang hat der Däne Vagn Soerensen die AUA durch turbulente Zeiten gesteuert. Es war bis zuletzt ein ständiger Kampf gegen die roten Zahlen. Kann die AUA auch künftig allein überleben? Der scheidende AUA-Chef gibt Antworten.

Vagn Soerensen über die Zukunft der AUA

Fünf Jahre lang hat der Däne Vagn Soerensen die AUA durch turbulente Zeiten gesteuert: Nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center gab's zum Amtsantritt 2001 eine internationale Luftfahrtkrise, danach Dauerkonflikte mit den Piloten und letztlich Ölpreiskrisen ohne Ende.

Es war ein ständiger Kampf gegen die roten Zahlen. Immer wieder stand die Frage im Raum: Kann die AUA als eigenständige Airline überhaupt überleben? Vagn Soerensen bejaht diese Frage auch heute noch, allerdings: Höhenflüge werde es laut ihm ohne Partner kaum geben.

Topmanager aus Überzeugung

Vagn Soerensen lebt für seinen Beruf. Airline-Manager ist er von der Pike auf. Gleich nach seinem Wirtschaftsstudium trat er in die Marketing-Abteilung der SAS, der Scandinavian Airlines System, ein und wurde 1989 Marketing-Direktor für alle SAS-Routen in Europa. Seine Karriere im Management der SAS führte ihn 2001 schließlich in die Position des Executive Vice President & Deputy CEO der SAS Scandinavian. Noch im selben Jahr stolperte er über eine Kartell-Affäre wegen unerlaubter Preisabsprachen, die die EU-Kommission aufgedeckt hatte.

Danach stand Soerensen für die Austrian Airlines zur Verfügung. Der Däne hat die AUA schon gekannt, er war an der Bildung der European Quality Alliance mit SAS, AUA, Finnair und Swissair beteiligt. Schließlich hat er an der Star Alliance mit der SAS, mit der Lufthansa, den United Airlines und später mit der AUA mitgearbeitet.

Zu Beginn Verluste

Als AUA-Chef hatte Vagn Soerensen vor, die Gruppe bestehend aus AUA, Lauda Air, Tyrolean Airlines und Rheintalflug zu einem Konzern zu formen. Im ersten Halbjahr hat es nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center noch einen Verlust von 700 Millionen Euro gegeben. Nach und nach war sein Kampf gegen die roten Zahlen aber ebenso erfolgreich wie jener gegen den Schuldenberg.

Bereits 2003 hat der reine Flugbetrieb ein Ergebnis von 63,3 Millionen Euro gebracht. Erfolgreich war auch die Expansion nach Osteuropa - an sich eine Fortschreibung der Strategie der Vorgänger, aber bei der wirtschaftlichen Aufholjagd der Nachbarländer nach dem Zusammenbruch des Kommunismus besonders wirksam.

Schuldenabbau trotz Krisen

Sehr lange - nach Soerensens eigener Ansicht zu lange - hat der Konflikt mit den Piloten gedauert, als es um einen gemeinsamen Kollektivvertrag von AUA und Lauda Air gegangen ist.

Dem Erfolg im Kampf gegen die roten Zahlen hat dann die Ölpreiskrise einen Strich durch die Rechnung gemacht. Trotzdem ist der dänische Topmanager stolz darauf, im internationalen Vergleich immer noch gut dazustehen. Nicht zuletzt ist es ihm gelungen, 900 Millionen Euro an Schulden abzubauen.

Sein Ausscheiden bei der AUA begründet der 46-jährige Vater dreier Kinder mit dem Wunsch seiner Familie, die nächsten Jahre in Dänemark zu verbringen. Dort wird er einige Aufsichtsratsmandate übernehmen.

Vernunftehe mit Lufthansa?

In den letzten Jahren ist immer wieder die Frage aufgetaucht, ob die AUA allein überlebensfähig ist. Im Zusammenhang damit wird dabei der Lufthansa - übrigens unter der Führung des Österreichers Wolfgang Mayrhuber - Appetit auf die vergleichsweise kleine AUA nachgesagt. Aber die AUA könne - so Vagn Soerensen - durchaus allein zurechtkommen.

Dennoch: Höhenflüge werde es nach den Worten des scheidenden AUA-Chefs auch künftig nicht geben, denn der Markt, der von Österreich aus zu bedienen ist, sei zu klein: "Ein kräftiges Wachstum wäre nur dann möglich, wenn ein Partner mit 15 oder 20 Prozent bei der AUA einsteigt; und da wäre die Lufthansa die beste Lösung", rät Soerensen. Ob sein Nachfolger, der frühere Siemens-Manager Alfred Ötsch, diesen Rat befolgt, bleibt abzuwarten.

Hör-Tipp
Saldo, Freitag, 5. Mai 2006, 9:45 Uhr

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